Die NPD macht 2013 Wahlkampf auf dem Kölner Heumarkt.
strassenstriche.net

Rechts der AfD

Antritt extrem rechter Wahlparteien bei den NRW-Landtagswahlen

Angesichts des aktuellen Höhenflugs der AfD stehen noch weiter rechts angesiedelte Wahlparteien auch in NRW vor einem Problem. Zwar hat es noch nie eine der ihren geschafft, in den Landtag einzuziehen, immerhin aber erzielten NPD, pro NRW und Die Republikaner bei früheren Landtagswahlen alle schon einmal Ergebnisse oberhalb von 1,0 Prozent.

Angesichts des aktuellen Höhenflugs der AfD stehen noch weiter rechts angesiedelte Wahlparteien auch in NRW vor einem Problem. Zwar hat es noch nie eine der ihren geschafft, in den Landtag einzuziehen, immerhin aber erzielten NPD, pro NRW und Die Republikaner bei früheren Landtagswahlen alle schon einmal Ergebnisse oberhalb von 1,0 Prozent.

Bei 1,0 Prozent liegt bei Landtagswahlen auch die Hürde, um in den Genuss der heiß begehrten staatlichen Parteienfinanzierung zu kommen. Doch davon sind alle drei genannten Parteien weit entfernt, ebenso wie die neu hinzu gekommene Die Rechte.

Die Bürgerbewegung pro NRW“

„Ich bin davon überzeugt, daß wir mit unserer erneuerten Mannschaft nun hochmotiviert in Richtung Landtagswahl 2017 marschieren. Es gilt, unser Wahlergebnis von 1,5 % zu verteidigen und auszubauen“, so der pro NRW-Parteivorsitzende Markus Beisicht aus Leverkusen am 21. Dezember 2015 in einem der zahlreichen „Interviews“ der Marke „Beisicht spricht mit Beisicht“. Doch schon Ende 2015 war klar, dass seine 2007 gegründete Partei ihren Höhepunkt bereits überschritten hatte. Von den bei den Kommunalwahlen 2014 errungenen 65 Mandaten (26 in kreisfreien Städten und Kreistagen, 8 in kreisangehörigen Städten und 31 in Bezirksvertretungen) gingen bis heute etwa zwei Drittel verloren, fast alle durch Austritte aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der Partei. Viele der Ausgetretenen schlossen sich der Konkurrenzpartei pro Deutschland (pro D) um den ehemaligen Weggefährten Beisichts, Manfred Rouhs, an. Von den 26 Mandaten in kreisfreien Städten und Kreistagen sind formell nur noch je zwei in Leverkusen, Essen und im Rhein-Erft-Kreis sowie je eins in Bonn, Bochum und nach temporärem Fremdgehen - Hagen übrig geblieben. Nur aus Leverkusen und Essen sind noch politische Aktivitäten vernehmbar. Die Parteistrukturen im Rhein-Erft-Kreis scheinen ebenfalls noch einigermaßen zu funktionieren, auch wenn kaum etwas von ihnen zu hören ist.

Am 22. März 2016 erklärte Beisicht dann in einem weiteren Selbstgespräch, „die nordrhein-westfälische Regionalpartei PRO NRW“ gratuliere „ausdrücklich der AfD zu ihren teilweise phänomenalen Wahlerfolgen“. Und weiter: „Wir bieten der AfD in NRW eine Kooperation an. […] Ich stehe persönlich mit [...] AfD-Funktionären in Kontakt und habe von diesen viele positive Signale erhalten.“ Offenbar aber glaubte er selber nicht an diese „Signale“: „Sollte jedoch eine Zusammenarbeit [...] nicht möglich sein, wird es selbstverständlich eine eigenständige PRO NRW-Kandidatur [...] geben.“ Man sei „ausreichend kampagnenfähig“. Eben dieses ist pro NRW nicht, es fehlt an allem. Nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September 2016, bei der pro D mit 0,4 Prozent untergegangen war und anschließend erklärt hatte, man werde „künftig mehr Bürgerbewegung sein und weniger Partei“, ruderte dann auch Beisicht zurück. Er erklärte, man werde in Kürze über einen eventuellen Wahlantritt entscheiden. Er empfehle, sich „strategisch auf die Kommunalpolitik zu konzentrieren“. Anschließend herrschte Funkstille zum Thema Landtagswahlen.

Die Republikaner (REP)

Ganz im Gegensatz zu pro NRW lässt der Landesverband der REP keine Gelegenheit ungenutzt, für seinen geplanten Antritt bei den Landtagswahlen zu trommeln. Seit vielen Monaten werden Unterstützungsunterschriften gesammelt, insbesondere in Düsseldorf, der Hochburg der REP in NRW. Von Sommer 2015 bis Ende 2016 führten die REP in der Landeshauptstadt zehn Kundgebungen und Demonstrationen durch, allesamt und von pro NRW-Positionen nicht unterscheidbar zum Themenbereich Asyl. Es nahmen bis zu 130 Personen teil, zuletzt um die 30.

Ihr bestes Ergebnis bei Landtagswahlen in NRW hatten die REP 1990 mit 1,8 Prozent erzielt. 2010 landete man bei 0,3 Prozent, 2012 scheiterte ein versuchter Antritt an zu wenigen Unterstützungsunterschriften. Auf kommunaler Ebene blieben 2014 drei Mandate in Stadträten kreisfreier Städte und Kreistagen (Düsseldorf, Wuppertal und Städteregion Aachen), zwei in Stadträten kreisangehöriger Städte und eins in einer der Düsseldorfer Bezirksvertretungen übrig. Die später durch Übertritte von pro NRW-Mandatsträger_innen hinzugekommenen zwei Stadtrats- und zwei Bezirksvertretungsmandate in Duisburg führten letztlich nicht zu einer Stärkung des Landesverbands, da Mario Malonn in Duisburg eine Art Eigenleben führt und zuletzt keine Gelegenheit ungenutzt ließ, gegen den Landesvorsitzenden André Maniera zu wettern. Ähnliche Störmanöver gab es im zeitweise wieder aktiven Kölner Kreisverband. In wenigen weiteren Städten gibt es aktuell zaghafte Aus- bzw. Aufbauversuche, Schwerpunkt ist das Ruhrgebiet, insbesondere Dortmund, Bochum, Essen und mit Abstrichen auch Oberhausen.

Seit Anfang November 2016 hat der REP-Landesverband NRW auch die Vorherrschaft im Bundesverband, mit nur 37:36 Stimmen und ohne Gegenkandidat gewählter Bundesvorsitzender ist nun der erst 25-jährige Ex-NPDler und Ex- pro NRWler Kevin Krieger aus dem Rhein-Erft-Kreis, Stellvertreter sein politischer Patron André Maniera, Schatzmeisterin die Düsseldorferin Tatjana Bahtiri. Damit einher geht augenscheinlich eine viele Jahre vermiedene Öffnung nach noch weiter rechts. Krieger, Landtagsspitzenkandidat und einer von vier Düsseldorfer Direktkandidaten seiner Partei, trat kurz vor seiner Wahl demonstrativ als Redner bei einer Kundgebung der eng mit pro NRW, NPD und rechten Hooligans verbandelten Gruppierung „Bürger gegen Politikwahnsinn“ in Oberhausen auf. Angesichts des Rückzugs der pro-Parteien und einer schwachen NPD in NRW rüsten die REP zum „Endkampf“, um das Ruder noch einmal herumzureißen. Man bietet sich dem AfD- und Neonazi-kritischen Rechtsaußen-Potenzial als „Original“ an, dessen langjährige Forderungen von der AfD nur kopiert worden seien. Angepeilt ist ein finanziell lebensnotwendiges Überspringen der Einprozenthürde. Sollte das nicht gelingen, werden die letztenNRW- Republikaner nach den Kommunalwahlen 2020 die Tür hinter sich zuziehen.

Die NPD

„Die Bürgerinnen und Bürger haben auch 2017 die Möglichkeit, der wirklichen Alternative für Deutschland die Stimme zu geben“, teilte der NPD-Landesverband am 28. Mai 2016 recht lustlos mit. Und da Selbstreflexion und Veränderungen noch nie die Stärke der NPD waren - erst recht nicht unter der Führung ihres stets nur knapp wiedergewählten Landesvorsitzenden Claus Cremer -, wird alles beim Alten bleiben oder noch weiter abwärts gehen. 2005 kam die NPD bei den Landtagswahlen auf 0,9 Prozent, ihr bestes NRW-Ergebnis nach 1970 (1,1 Prozent). 2010 waren es dann 0,7 Prozent, 2012 landete die Partei bei 0,5 Prozent. Auf kommunaler Ebene sind nach den Wahlen 2014 acht Mandate in acht Stadträten kreisfreier Städte bzw. Kreistagen (Bochum, Essen, Dortmund, Duisburg, Mönchengladbach, Kreis Heinsberg, Märkischer Kreis, Rhein-Sieg-Kreis) sechs Mandate in sechs Stadträten kreisangehöriger Städte und zwei Bezirksvertretungsmandate in Duisburg übriggeblieben. Im Gegensatz zu pro NRW gab es aber keine Abgänge von Mandatsträger_innen. Parlamentarisch sichtbar ist die NPD nur durch ihre Beteiligung an zwei Ratsgruppen, eine mit dem ehemaligen pro NRW-Abgeordneten Egon Rohmann (Bürger für Duisburg), die andere mit der Die Rechte in Dortmund. Als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl wurde eine von zwei stellvertretenden Landesvorsitzenden, die Juristin Ariane Meise aus dem Rhein-Sieg-Kreis, aufgestellt. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen Cremer und seine zweite Stellvertreterin, die Duisburger Stadtratsabgeordnete Melanie Händelkes aus Wachtendonk (Kreis Kleve).

Die Rechte (DR)

Ebenso lustlos wie die NPD ist die DR in ihren ersten Landtagswahlkampf in NRW eingestiegen. Verwunderlich ist das nicht, lehnen doch die in der DR organisierten Neonazis Parlamente eigentlich ab. Ihr Feld ist der „Kampf um die Straße“. Der Rückzug in eine bereits vorhandene Partei war nicht mehr als eine Notlösung für mehrere 2012 verbotene „Freie Kameradschaften“ in NRW. Um zumindest eine Zeitlang den Parteienschutz zu genießen, muss aber an der „politischen Willensbildung des Volkes“ aktiv teilgenommen werden, wie es Art. 21 des Grundgesetzes vorgibt. Bei den Bundestagswahlen 2013 stellte die DR nur in ihrer Hochburg NRW eine Landesliste auf und kam auf prozentual kaum messbare 2.245 Zweitstimmen. 2014 erzielte sie jedoch je ein Stadtratsmandat in Dortmund und Hamm sowie fünf Bezirksvertretungsmandate. Insbesondere in Dortmund, wo die Partei zusammen mit der NPD eine Ratsgruppe stellt, zeigt sie kontinuierlich Präsenz und verstand es zeitweise, das Stadtparlament als Podium für provokante und medienträchtig inszenierte Auftritte zu nutzen und damit ihre Anhänger_innenschaft bei Laune zu halten.

Angeführt werde die Landesliste, so die DR, vom „Wuppertaler Aktivisten Kevin Koch, ihm folgen die Dortmunder Siegfried Borchardt und Daniel Grebe“. Auf den Plätzen vier bis sechs stehen Sascha Krolzig (Bielefeld), Daniel Borchert (Wuppertal) und Markus Walter (Rhein-Erft-Kreis). Berücksichtigt man den Einfluss des DR-Landesvorsitzenden Sascha Krolzig in seiner Heimatstadt Hamm, so sind alle derzeitig aktiv nach außen auftretenden DR-Kreisverbände auf der Landesliste vertreten. „Eines der Ziele“ sei es, „die Verankerung als radikale Oppositionspartei weiter auszubauen“.

Sonstige und Ausblick

Der Vollständigkeit halber sei noch der angekündigte Wahlantritt der Rechtsaußen-Partei „Ab jetzt - Demokratie durch Volksabstimmung - Politik für die Menschen (Volksabstimmung)“, einst „Ab jetzt - Bündnis für Deutschland“, erwähnt. Immerhin hat es diese in einigen Kommunalparlamenten des Rhein-Sieg-Kreises anzutreffende Partei um den Siegburger Helmut Fleck schon einmal geschafft, (2004) die bei Europawahlen greifende 0,5-Prozent-Hürde für die staatliche Parteienfinanzierung zu überspringen, wenn auch knapp. Bei den letzten Landtagswahlen 2012 kam sie auf 0,1 Prozent, 2017 werden es vermutlich nicht mehr werden.

Unter dem Strich deutet alles darauf hin, dass neben pro D auch pro NRW nicht zu den Landtagswahlen antreten wird. Und dass NPD, DR und REP mit viel Glück auf 1,0 Prozent kommen könnten - wenn man ihre Stimmenanteile addieren würde. Spannend ist nur, wie die AfD und in einigen Regionen die DR abschneiden werden. Und ob die Rechtsaußenparteien eher 10 oder eher 15 Prozent auf sich vereinen können. Dass REP, pro NRW, pro D, NPD und DR hierzu sehr wenig oder auch gar nichts beisteuern können, ist kein wirklicher Trost.

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Thomas Hantusch am 01.08.2009 in Friedberg