Jens und Anhang

Die RechtsRock-Band „Sturmwehr“

„Sturmwehr“ gehört zu den produktivsten deutschen RechtsRock-Bands. Dabei zeichnet die Band um ihren Sänger Jens Brucherseifer aus Gelsenkirchen aus, dass sie sowohl als Rock-Band, als auch als Liedermacher-Duo oder -Solo unterwegs ist.

„Sturmwehr“ gehört zu den produktivsten deutschen RechtsRock-Bands. Dabei zeichnet die Band um ihren Sänger Jens Brucherseifer aus Gelsenkirchen aus, dass sie sowohl als Rock-Band, als auch als Liedermacher-Duo oder -Solo unterwegs ist.

Inhaltlich liefern die Texte der Band eine Mixtur aus Rassismus, Antisemitismus und NS-Verherrlichung, hinzu kommen — seltener werdend — Einsprengsel des Skinhead-Kults. Ist das Agieren der Band und seiner Musiker auf den ersten Blick eher langweilig und eine Wiederholung des immer Gleichen, so zeigt ein genauerer Blick interessante Zusammenhänge: Sei es, dass außer der Konstante Jens Brucherseifer, die Musiker der Band immer wieder ausgewechselt werden, seien es die Verbindungen ins Netz von Blood & Honour und Combat 18.

Konglomerat

„Welche Band ist denn das jetzt?“, mag man sich manchmal fragen. Beispielsweise bei einem Liederabend, bei dem Martin Böhne aus Hamm auf der Bühne steht. Böhne spielt sowohl für Sleipnir als auch für Sturmwehr. Auch die anderen Musiker, die in letzter Zeit bei Sturmwehr auf der Bühne standen, sind bekannte RechtsRock-Musiker. Marko Eckert spielt ansonsten bei Words of Anger und Oidoxie Gitarre. Michael Brosch, der früher bei den Angry Bootboys Bass spielte, ist aktuell der Sänger von Smart Violence (vgl. LOTTA #66, S. 16—17). Dort spielt auch Patrick Gerstenberger das Schlagzeug, der hin und wieder bei Sturmwehr trommelt. Eine originäre Sturmwehr-Besetzung über Brucherseifer hinaus gibt es also nicht.

Während sich hinter Sturmwehr-Musikern diverse andere Bands verbergen, ist auch der mittlerweile 46-jährige Brucherseifer in vielen anderen Formationen aktiv. Leitkultur, Heldenschwert oder Koma-Kolonne: alles Projekte des Gelsenkircheners. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Brucherseifer unter verschiedenen Projektnamen auftritt, um unauffällig noch mehr CDs produzieren zu können. Zumindest bei der Band Koma-Kolonne unterscheidet sich immerhin der inhaltliche Zuschnitt der Songs. Hier stehen „Saufen“ und „Spaß“ im Vordergrund — und nicht Politik.

Produktion am Fließband

Es sind fast 50 CDs die Sturmwehr seit 1995 veröffentlicht hat. Dazu kommen eine ganze Reihe von Split-CDs mit Bands wie Sleipnir, Rheinwacht oder Überzeugungstäter und unzählige Sampler-Beiträge. Damit ist Sturmwehr wohl mit Abstand die produktivste Band des deutschen RechtsRock, nicht was die Qualität der Produktionen betrifft, wohl aber die Quantität. Immer wieder wurden aus der Szene heraus Vorwürfe laut, dass Sturmwehr nur so viel produziere, um ordentlich Geld zu verdienen. Streitigkeiten sind vorprogrammiert. Für den 10. Februar 2018 organisierte Blood & Honour Ungarn in Budapest anlässlich des „Day of Honour“ ein Konzert. Sturmwehr war der Headliner des Abends, die E-Mail-Adresse zur Anmeldung für das Konzert lautete „sturmwehrliveinhungary@…“, was als Beleg für die hohe Bedeutung der Band zu deuten ist.

Kurz vor der Veranstaltung sagte Sturmwehr die Teilnahme jedoch ab. „Durch interne Unstimmigkeiten in der Live Rock Formation, so möchte ich es mal nennen, müssen wir euch leider mitteilen, dass wir alle bis dato geplanten Veranstaltungen/ Konzerte der kompletten Truppe hiermit canceln“, verlautete Brucherseifer kurz vor dem Konzert. Es war nicht das erste Mal, dass ihm seine Band abhanden kam, das allererste Mal passierte das 1999. Danach trat Sturmwehr einige Jahre nicht mehr als Band auf. Unter dem Namen spielte Brucherseifer als Liedermacher. Ergänzt wurde die Band später durch Musiker der Band Words of Anger. Ende 2010 sagte Brucherseifer dann wieder die geplanten Konzerte ab und wollte die Band auflösen. Er tat es dann aber doch nicht. Nach der Absage des Blood & Honour-Konzerts im Februar dieses Jahres tritt Sturmwehr zumeist als Duo auf, das aus Brucherseifer und Böhne besteht. Damit folgt auch Sturmwehr dem von Lunikoff und Kategorie C gesetzten Trend, mehr Liederabende zu spielen.

Der Dortmunder Neonazi-Grafiker Martin Wegerich, bekannt durch sein Unternehmen Vlanze-Graphics, entwarf extra einen Flyer für die „Akustiktour 2018“ von Sturmwehr und gestaltete auch die letzten beiden CDs der Band und deren T-Shirts. Der Flyer bewarb Liederabende in Erfurt am 24. Februar 2018, in Berlin am 10. März 2018 und in Ostwestfalen am 24. März 2018. Letzterer fand letztendlich vor rund 90 Zuhörenden in Porta Westfalica bei Minden statt. Auffällig war, dass der Werbeflyer für das Konzert explizit auf der offiziellen Seite der englischen Blood & Honour-Division präsentiert wurde. Zu den Organisatoren vor Ort zählten neben dem Mindener Neonazi Marcus Winter auch Dirk Fasold, der bis zum Verbot „Leiter“ der Blood & Honour-Sektion Westfalen war.

Sprachrohr der NPD

Analysiert man die Konzerte und Liederabende von Sturmwehr, so fällt auf, dass eine Vielzahl der zirka 60 Auftritte seit 1995 von der NPD organisiert wurden. Mindestens zwölf Mal stand Sturmwehr für die NPD auf der Bühne. Darunter waren wichtige Auftritte vor großem Publikum wie beim „Deutsche Stimme Pressefest“ der NPD 2010 in Sachsen vor rund 2.000 TeilnehmerInnen, aber auch Liederabende bei NPD-Kreisverbänden vor kleinem Publikum. Sturmwehr trat 2009 beim „Bayerntag“ der NPD auf, 2014 und 2016 war Brucherseifer beim „Eichsfeldtag“ der NPD dabei. Hinzu kommen Auftritte in Themar und Kloster Veßra in Thüringen bei Veranstaltungen von Tommy Frenck und Patrick Schröder. So stand Sturmwehr zum Beispiel am 29. Juli 2017 beim „Rock für Identität“ in Themar auf der Bühne. Das Konzert war eine der Großveranstaltungen des Jahres für die Szene (vgl. LOTTA #68, S. 29—30).

Im Netzwerk von „Blood & Honour/Combat 18“

Für den 9. September 2017 mobilisierte die Szene zum „Valhalla Calling Vol. 1“-Konzert nach Schweden, wo die Bands Faust, Sachsenblut und Sturmwehr auftraten. Allein die Bandzusammensetzung macht auf den ersten Blick stutzig, handelt es sich doch ausnahmslos um deutsche Bands. Eine Erklärung dafür dürfte sein, dass das Konzert von deutschen Neonazis mitorganisiert wurde. Zudem fand am Rande des Konzerts ein Treffen des 2012 restrukturierten internationalen Blood & Honour/Combat 18-Netzwerks statt (vgl. Schwerpunkt dieser Ausgabe).

Die Kontakte von Sturmwehr zu Blood & Honour sind alt und zudem international. Am 25. November 2000, kurz nach dem Verbot der deutschen Blood & Honour-Division, löste die Polizei im sachsen-anhaltinischen Annaburg ein Konzert auf. Dieses stand unter dem Motto „forbidden but alive“ und wurde von Blood & Honour-Kadern organisiert. Neben Nordmacht stand auch Sturmwehr auf dem Programm. Die aktuellen Kontakte ins Combat 18-Netzwerk dürften jedoch weniger auf Brucherseifer, sondern eher auf seinen Gitarristen Marko Eckert aus Schleswig-Holstein zurückgehen. Eckert weist seit vielen Jahren eine Nähe zu Combat 18 auf und spielt auch bei der Dortmunder C18-Band-Oidoxie.

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