6. September 2014, Bonn: Umzugshelfer des "Zwischentags" bei der Arbeit. Ganz rechts: Tony Xaver-Fiedler ("pro NRW"-Parteivorstand)

„Ein ganz toller Tag“?

Der „Zwischentag 2014“ versagt in NRW

Eigentlich hatte sich Felix Menzel (Chemnitz), Gründer und Chefredakteur des „neurechten“ Online-Magazins „Blaue Narzisse“, den Vor- und Ablauf seines diesjährigen rechtsintellektuellen Messekongresses und Vernetzungstreffens „Zwischentag“ am 6. September – in seinen Augen ein „Aushängeschild einer intellektuellen, non-konformen und konservativen Gegenöffentlichkeit“ – völlig anders vorgestellt. Nachdem der „Zwischentag“ 2012 und 2013 mit um die 700 TeilnehmerInnen in Berlin stattgefunden hatte – wenn auch nicht störungsfrei –, plante man nun eine allmähliche Ausdehnung auf das gesamte Bundesgebiet. Doch der erste Versuch außerhalb Berlins wurde zur Schnitzeljagd und zum Misserfolg. Letzte Zuflucht: ein Burschenhaus.

Eigentlich hatte sich Felix Menzel (Chemnitz), Gründer und Chefredakteur des „neurechten“ Online-Magazins „Blaue Narzisse“, den Vor- und Ablauf seines diesjährigen rechtsintellektuellen Messekongresses und Vernetzungstreffens „Zwischentag“ am 6. September – in seinen Augen ein „Aushängeschild einer intellektuellen, non-konformen und konservativen Gegenöffentlichkeit“ – völlig anders vorgestellt. Nachdem der „Zwischentag“ 2012 und 2013 mit um die 700 TeilnehmerInnen in Berlin stattgefunden hatte – wenn auch nicht störungsfrei –, plante man nun eine allmähliche Ausdehnung auf das gesamte Bundesgebiet. Doch der erste Versuch außerhalb Berlins wurde zur Schnitzeljagd und zum Misserfolg. Letzte Zuflucht: ein Burschenhaus.

Am 6. Oktober 2012 fand in Berlin der erste „Zwischentag“ statt. Als Veranstalter trat Götz Kubitschek auf, Kopf des Verlag Antaios und Herausgeber der Zeitschrift Sezession. Offensichtlicher Zweck der laut Veranstalter „ersten Freien Messe“ war, eine Plattform für die Darstellung rechter Projekte und bedingt auch für Austausch, Kennenlernen und Diskussion zu schaffen. Dabei ging es darum, die „Intellektuelle Rechte“ mit anderen Spektren zu vernetzen, erwünscht war hierbei ausdrücklich auch der rechts-konservative Bereich. Tatsächlich war in dem aus Vorträgen und einem Streitgespräch bestehenden Programm aber eher die klassische extreme Rechte (Deutsche Burschenschaft, Ares Verlag, ein Vertreter der Zeitschrift Der Eckart etc.) und die rechtsintellektuelle Szene – z.B. das Institut für Staatspolitik und die Blaue Narzisse des damals als „Mitveranstalter“ auftretenden Felix Menzel – anzutreffen. Von der von Menzel großspurig vorgestellten „Vernetzungskartei“ hörte man hier übrigens das letzte Mal. Auch bei den „Messeausstellern“ zeigte sich ein ähnliches Bild: die Zeitschrift Zuerst!, Verlag und Antiquariat Uwe Berg, die German Defence League, der Freibund, natürlich auch Sezession, Verlag Antaios und das Institut für Staatspolitik. Aber auch die Wochenzeitung Junge Freiheit. Mit zirka 700 BesucherInnen war die Veranstaltung als erste ihrer Art gut besucht, auch wenn die beabsichtigte Ausweitung des politischen Spektrums kaum stattfand. 2013 erreichte der „Zwischentag“ bei seinem zweiten Durchlauf mit – nach Angaben der Veranstalter – „siebenhundertachtunddreißig verkauften Messekarten“ ähnlich viele TeilnehmerInnen wie beim ersten Mal. Mit Sacha Korn war allerdings ein Musiker im Programm, dessen Tonträger zumeist in den RechtsRock-Versänden des Neonazismus gehandelt werden. „Star des Abends“ war der Neofaschist und CasaPound-Aktivist Gabriele Adinolfi aus Italien, gegen den wegen des extrem rechten Bombenanschlags 1980 in Bologna (85 Menschen starben hierbei) ermittelt worden war. Der „Zwischentag“ geriet trotz guter BesucherInnenzahlen-Zahl wegen der genannten Programmpunkte in eine inhaltliche Krise. Er verlor einerseits mit der Jungen Freiheit und der Bibliothek des Konservatismus jene Aussteller, die sich am weitesten an die Reihen des Nationalkonservatismus heran arbeiten konnten. Die Junge Freiheit sprach davon, dass „das Konzept der Messe immer mehr eine Schlagseite bekam“. Zudem fand laut Junger Freiheit keine „selbstkritische Auseinandersetzung über ‘rechte’ Positionen“ mehr statt, sondern nur noch Selbstbestätigung.

Zu hoch gepokert

Zwischen den zukünftig zweijährlichen „großen Zwischentagen“ in Berlin werde es „zweimal pro Jahr eine ‘kleine’ Messe“ geben, die durch Deutschland „wandern“ würde und für „ca. 200 Besucher – wenn mehr kommen, umso besser“ konzipiert sei, so Menzel, der zwischenzeitlich die Organisation des „Zwischentags“ übernommen hatte, im Juni 2014. Benötigt würden für die kleine Variante „jedes Mal ein Dutzend Aussteller“ sowie „drei bis vier Vorträge“. Später wurden dann TeilnehmerInnenzahlen von bis zu 400 – zeitweise war auch die Zahl 600 im Gespräch – gehandelt und über 20 Aussteller – rechte Verlage, Versandhandel, Zeitschriften, Online-Foren, Initiativen, Projekte u.ä. – präsentiert. Angekündigt worden waren hauptsächlich Aussteller, die auch schon in den letzten Jahren teilgenommen hatten. Neben den islamfeindlichen Hetzern von pi-news zum Beispiel die Zeitschriften Zuerst! und Sezession. Erstmals dabei sein sollte hingegen beispielsweise der Kyffhäuser Verlag von Renate Steinert aus dem hessischen Mengerskirchen, der eine Vielzahl antisemitischer Faksimiles, teils aus der NS-Zeit, anbietet. Im Begleitprogramm angekündigt wurde auch der Vortrag „Auf dem Weg ins Imperium“ des konservativen Brüsseler Professor für Römische Geschichte, David Engels. Als Veranstaltungsort war die Rede von einem „sehr guten Hotel“ in Nähe des Düsseldorfer Hauptbahnhofes. Doch es kam alles anders. Nach antifaschistischer Öffentlichkeits- und Informationsarbeit und dem Aufgreifen des Themas durch die Lokalpresse kassierte der „Zwischentag“ seinen ersten Rauswurf, das Tagungshotel zog seine Zusage für die als „Buchmesse“ angemeldete Veranstaltung zurück. Und es folgten weitere Kündigungen – und auch Absagen. Nachdem mehrere Medien über die Teilnahme von Prof. Dr. David Engels berichtet hatten, sprach dieser von einem „Versehen“, er habe nach der Kenntnisnahme des Programms sofort abgesagt – womit der Zwischentag seinen wohl wichtigsten Vortrag im Begleitprogramm verlor, da dieser als Brücke in den Konservatismus fungieren sollte.

Im Düsseldorfer Raum konnten keine neuen Räume gefunden werden, also musste in eine andere Stadt umgezogen werden. Die Wahl fiel auf das Dortmunder Automobil-Museum, das auch noble Veranstaltungsräume vermietet. Als dann am Mittag des 5. Septembers auch dieser Ort öffentlich bekannt wurde und Protest sowie eine Berichterstattung kritischer Medien einsetzte, war auch dieser Veranstaltungsort Geschichte. Es blieb der Rückzug in „eigene“ Räume, in diesem Fall die der extrem rechten Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn. Letztendlich blieben bei dem chaotischen Vorlauf von den 400 erwarteten Gästen deutlich über die Hälfte auf der Strecke. Die meisten der ungefähr 150 Verbliebenen mussten sich ihren Weg durch Polizeiabsperrungen bahnen, dicht an einer Antifa-Kundgebung vorbei, die zeitweise sogar den Eingang zum Burschenhaus blockierte. Auch diverse der angekündigten Aussteller blieben fern. Von dem ursprünglichen Plan, den „Zwischentag“ in einem noblen Tagungshotel im Zentrum von Düsseldorf durchzuführen und langfristige Planungssicherheit für die TeilnehmerInnen herzustellen, blieb nichts übrig, als Ausstellerraum blieb der Garten der Raczeks mit „20 zusätzlich angemieteten Bierbänken“, als Auditorium ein für 40 Personen ausgelegter Versammlungsraum, einige Aussteller mussten sich in den Zimmern der Burschen präsentieren. Die Planung der ganzen Veranstaltung erinnert an die von neonazistischen RechtsRock-Konzerten bekannten, im rechtsintellektuellen Milieu aber unüblichen „Schnitzeljagden“ zum Ort des Geschehens, zum Leidwesen des sich großteils als „rechtskonservativ“ verstehenden TeilnehmerInnenkreises, unter ihnen auch AfD-, „pro NRW“- und NPD-Funktionäre. Vor Ort anzutreffen waren beispielsweise Hans-Thomas Tillschneider, Mitglied des AfD-Landesvorstands in Sachsen, die „pro NRW“-Parteivorstandsmitglieder Gary Hauer und Tony Xaver Fiedler, letzterer ebenso wie die frühere Neonazi-Aktivistin und angeblich nicht mehr politisch aktive Melanie Dittmer (siehe Seite 23 ff.) im Look der sich auf dem „Zwischentag“ präsentierenden Identitären. Und auch die NPD-Landesvorstandsmitglieder Hans-Jochen Voss (Unna) und Ariane Meise (Rhein-Sieg-Kreis) schauten vorbei, ebenso wie Björn Clemens, extrem rechter Strafverteidiger im laufenden Koblenzer Prozess gegen Mitglieder und Unterstützer der kriminellen Vereinigung Aktionsbüro Mittelrhein.

Wahrnehmungen und Einschätzung

Es sei „wieder ein ganz toller Tag“ gewesen, so Felix Menzel, endlich zurück in seiner Schreibstube in Chemnitz. Man habe „einige Hürden überspringen“ müssen, und leider habe „die Presse … nur über die Proteste gegen den zwischentag, nicht aber über die Messe selbst und die dort vertretenen Auffassungen berichtet“. „Wie es weitergeht“, werde man „nun gründlich analysieren“. „Klar“ sei: „Wir haben ein großes Publikum, das sich für die Messe interessiert, wir verfügen über ausreichend interessante Aussteller, und wir werden in anderen Regionen Deutschlands (mit weniger Aufwand als diesmal) Räume finden.“

Ein etwas kritischerer Blick auf den diesjährigen „Zwischentag“ zeigt jedoch, dass es Menzel und Co. erneut nicht gelungen ist, die eigene politische Basis zu verbreitern. Die Liste der Aussteller unterschied sich nicht wesentlich von der des Vorjahres, nennenswerter Zuwachs war hier nicht zu verzeichnen, schon gar nicht aus der Region. Stattdessen waren erneut Aussteller vertreten, die eindeutig in der extremen Rechten zu verorten sind, beispielsweise die Identitären, pi-news, Zuerst! und die nicht vorangekündigte in Konkurrenz zu Thor Steinar stehende Bekleidungsmarke Erik & Sons, die sich großer Beliebtheit bei Neonazis erfreut. Auch mit dem Begleitprogramm gelang es nicht, über den Bereich des extrem rechten Milieus hinauszukommen. So waren zwar laut einem der Sendung Monitor zugespielten Videomitschnitts aus den Haus der Raczeks einige AfD-Mitglieder und -Funktionäre vor Ort, der angekündigte Programmpunkt „Vor Ort Politik machen – AfD-Stadträte berichten“ wird aber in Menzels Berichten mit keinem Wort erwähnt, vermutlich kam dieser nicht zustande, da offenbar letztendlich keine AfD-Stadträte aus NRW zur Verfügung standen – aus welchen Gründen auch immer. Auch die vom Düsseldorfer AfD-Kommunalwahlkandidat Alexander Heumann angekündigte Gründung eines NRW-Ablegers der „Patriotischen Plattform“, in der sich bundesweit der rechte Flügel der AfD sammelt, fand nicht wie ursprünglich geplant auf dem „Zwischentag“ statt, sondern erst eine Woche später in Düsseldorf.

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass es AntifaschistInnen gelungen ist, das „neurechte“ Projekt „Zwischentag“ öffentlich als Teil der extremen Rechten zu verorten und sich hierbei Gehör zu verschaffen. Die Folge davon war, dass mehrere Mietverträge gekündigt wurden und letztendlich auch diverse angemeldete AusstellerInnen und TeilnehmerInnen fernblieben, ob nun aufgrund des chaotischen Vorlaufs, antifaschistischer Präsenz oder weil sie nicht zu sehr in die Nähe zur extremen Rechten gerückt werden wollten. Das Ausweichen in die Räume der Raczeks warf die Veranstalter in ihr eigenes Spektrum zurück. Inhaltlich geschah dies durch die Absage des konservativen David Engels, der nicht in einem extrem rechten Kontext referieren wollte.

Angesichts dieses Misserfolgs bleibt abzuwarten, ob Menzel tatsächlich an dem Konzept des „Zwischentags“ an wechselnden Orten festhalten wird. Und ob sich Götz Kubitscheck als „Erfinder“ bzw. Initiator des „Zwischentages“ mit dem ungeschickten Agieren Menzels zufrieden gibt oder lieber wieder selber Hand anlegt.

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