Eure Heimat ist unser Alptraum

„Dieses Buch ist ein Manifest gegen Heimat“ heißt es auf der Homepage des Ullstein-Verlages in der Ankündigung des Sammelbandes, den Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah herausgegeben haben. Erschienen ist er Anfang 2019 — genau ein Jahr, nachdem Deutsch­land ein Heimatministerium erhalten hat.

Horst Seehofer ist seit der Regierungsbildung nicht nur Minister des Inneren und für Bau, sondern auch für Heimat. Um das Ministerium geht es zwar nicht in den 14 Texten, wohl aber um das Konzept „Heimat“, das für viele Menschen Ausgrenzung und Verweigerung von Zugehörigkeit bedeutet, und um die Gedanken, Gefühle und (alltäglichen) Konsequenzen, die sich für Angehörige marginalisierter Gruppen ergeben. Die Autor_innen schreiben aus ganz unterschiedlicher Perspektive und mit ganz unterschiedlichem Fokus. Was sie eint, sind Erfahrungen von Rassismus und Verweigerung von Zugehörigkeit zu der vermeintlichen Heimat-Konstruktion. Sharon Dodua Otoo beispielsweise schildert sehr bewegend ein Gespräch mit ihrem Sohn über ihre und seine Erziehung und welche Rolle das Thema Rassismus beziehungsweise die bewusste Auseinandersetzung damit in der Kindheit gespielt hat und den Einfluss auf das Erleben von Rassismus und den Umgang damit. Olga Grjasnowa setzt sich mit Privilegien auseinander, Vina Yun schreibt über die Bedeutung von Essen, Max Czollek über das Integrationsparadigma, „Gedächtnistheater“, Özil, Chemnitz und die Rolle von Jüdinnen_Juden in der deutschen „Gegenwartsbewältigung“. Reyhan Şahin — a.k.a. Lady Bitch Ray — behandelt das Thema Sex. Oder genauer: female Sexspeech, die „sich für viele regelrecht wie eine harte osmanische Backpfeife“ anzufühlen scheine.

Fatma Aydemir, Hengameh Yaghoobifarah (Hg.): Eure Heimat ist unser Albtraum Ullstein Verlag 2019 208 Seiten, 20 Euro

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