Browning leitete mit I.S.D Records eines der führenden Blood & Honour-Label Europas, dessen Bands für ihre brutalen Texte bekannt waren. Seine eigene Band No Remorse machte sich Mitte der 1990er Jahre unter anderem mit dem rassistischen Album „Barbecue in Rostock“ einen Namen. Schließlich zerstritt sich Browning mit dem C18-Gründer Paul „Charlie“ Sargent. Im Februar 1998 eskalierte die Fehde: Sargent ließ einen Vertrauten Brownings durch seinen Kameraden Martin Cross ermorden. Sargent und Cross wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, Browning avancierte zum unangefochtenen Führer von Combat 18.
C18 wollte in England stets mehr als eine gewalttätige Straßengang sein. Bereits vor der Spaltung war Browning eine der treibenden Kräfte, die den Ruf von C18 als Synonym für neonazistischen Terror begründeten. Browning verbreitete in der Szene das Konzept des „leaderless resistance“, bei dem kleine, voneinander unabhängige Terrorzellen mittels Bombenanschlägen und Exekutionen einen „Rassenkrieg“ auslösen sollten. Gemeinsam mit skandinavischen Neonazis versuchte er 1997 eine Anschlagserie mit Briefbomben durchzuführen. Die Briefbomben wurden von der Polizei abgefangen. Ein geständiger Neonazi sagte später vor Gericht aus, die Anschlagliste sowie der Sprengstoff seien ihm von Browning übergeben worden. Mit der Aura von Gewalt und Terror wurde C18 zu einem Label, dessen sich unterschiedliche Neonazis bedienten, die ein gewaltsames Vorgehen befürworteten. (vgl. AIB #107) Zugleich bildete sich in den kommenden Jahren unter dem Namen Blood & Honour/ C18 ein internationales Netzwerk, das Rechtsrock-Konzerte organisierte.
Browning und weitere angereiste Personen, die Combat 18 zugeordnet werden können, versammelten sich zum „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) in Dortmund. Sie marschierten im hinteren Teil eines Blocks, der von Thorsten Heise angeführt wurde. Heise und Browning kennen sich seit Mitte der 1990er Jahre, so war es nicht verwunderlich, dass Heise Browning in Empfang nahm. Der in Thüringer wohnenden Heise gilt laut Aussagen eines Aussteigers als C18-Verbindungsmann in Deutschland. Er saß einige Jahre im NPD-Bundesvorstand, ist seit Jahren im RechtsRock-Geschäft als Produzent etabliert und verfügt über weitreichende internationale Kontakte.
Anwesend in Dortmund waren C18 zuzuordnende Personen aus den Niederlanden, Belgien, UK und Deutschland. Aus Belgien reiste der Neonazi Kurt Mannaert an, aus den Niederlanden die bekannten C18-Aktivisten Niels Adams und Danny Jannsen. Als Deutsche sind die Oidoxie-Bandmitglieder Marko Gottschalk und Marco Eckert sowie der Dortmunder Robin Schmiemann, der Teil der Oidoxie Streetfighting Crew war, zu nennen. Schmiemann ist zudem als Brieffreund von Beate Zschäpe bekannt und verfügt wie Gottschalk über gute Kontakte zu Neonazis in Schweden, wohin er nur wenige Tage nach dem TddZ reiste. Ein weiterer alter Weggefährte aus den Blood & Honour-Strukturen, der sich in den letzten Jahren selten auf Demonstrationen blicken ließ, war Lars B. aus Schleswig-Holstein. In Dortmund war er an der Seite von Browning zu sehen.
Der als äußerst gewalttätig bekannte Edward "Ed" Polman, der als führender Kopf die Combat 18-Strukturen 1997 in den Niederlanden aufbaute, wurde mit weiteren Neonazis im Umfeld der Demonstration in Dortmund gesichtet. Polman beteiligte sich aber nicht am Aufmarsch, sondern hielt sich lediglich zu Beginn in der Nähe auf. Wenn AktivistInnen eine lange Anreise auf sich nehmen und dann dem Aufmarsch fernbleiben, deutet dies darauf hin, dass sie das Licht der Öffentlichkeit scheuen und den Aufmarsch nutzen, um sich am Rande mit ihren „Kameraden“ zu treffen.
Dortmunder Neonazis verfügten seit Beginn der 2000er Jahre über Kontakte zu B&H/C18-Vertretern aus England, Belgien und Skandinavien. Eine wichtige Vernetzungsfunktion übernahmen dabei die Bands Weisse Wölfe und Oidoxie, die auf zahlreichen Konzerten im Ausland spielten. (vgl. Lotta #62, S.46-47) Browning und Bandleader Gottschalk standen ebenfalls in Kontakt. Im Booklet der 2009 veröffentlichten CD „Hail C18“ des Gottschalk-Projekts Straftat werden „Melli und Will, 28/C18 worldwide“ gegrüßt. Mit „Will“ dürfte Browning und mit „Melli“ dessen damalige Freundin, die Niederländerin Melanie Huter, gemeint sein.
In den 2000er Jahren bildeten Neonazi aus den Reihen der Oidoxie Streetfighting Crew in Dortmund eine C18-Zelle, die sich am Konzept des „leaderless resistance“ orientierte. Die Bildung dieser Zelle wurde der Öffentlichkeit erstmals im Jahr 2014 durch eine in den Münchener NSU-Prozess eingebrachte Aussage des ehemaligen V-Mannes und Oidoxie Streetfighting Crew-Mitglieds Sebastian Seemann bekannt. Seemann hatte sich kurz nach Enttarnung des NSU gegenüber der Polizei zu dieser Zelle geäußert. Laut Seemann zählte auch Robin Schmiemann zur Zelle. Vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags (PUA) verweigerte Schmiemann, der bis 2015 wegen eines nach einem missglückten Drogendeal begangenen Raubüberfalls, bei dem er einen Kunden anschoss, in Haft saß, jede Aussage dazu.
Seitens des NRW-Verfassungsschutzes (VS) war die Existenz einer solchen Zelle stets verneint worden. Erst am 22. Juni 2016 gestand der VS-Abteilungsleiter Burkhard Freier vor dem PUA die Existenz ein. Es sei in den Jahren 2003/2004 immer wieder davon gesprochen worden, eine eigene Zelle innerhalb von C18 zu gründen, so Freier. Die Rede sei von sieben oder zehn Personen um Gottschalk gewesen. Deshalb habe der VS auch versucht, „in diese Szene Quellen reinzusetzen“. Nach Aussage von Freier kam der VS aber zu dem Ergebnis, dass von dieser Zelle keine Gefahr ausging: „Obwohl die über Gewalt reden, auch darüber reden, sich Waffen zu beschaffen, und obwohl die enge Kontakte nach England, Schweden, auch nach Belgien haben und auch Schießübungen durchführen wollten oder durchgeführt haben, sieht es eher so aus, als wenn es Leute sind, die darüber reden, es aber nicht wirklich tun.“
Freier erklärte weiter, dass die Ideologie des „leaderless resistance“ bei den Dortmundern zwar vorhanden gewesen sei, der VS aber keine „terroristische Organisation“ gesehen habe. Eine Quelle habe mitgeteilt, dass sich die Zelle nur einmal getroffen habe und dann wieder auseinander gegangen sei. „Das waren Maulhelden. Die haben C18 genommen, um böse auszusehen, um damit Marketing zu machen. Aber sie haben es nicht getan“, meinte Freier vor dem PUA. Damals hätte der VS den Schluss gezogen, „deswegen gucken wir da nicht weiter rein“, so Freier. Heute bleibe man „enger dran“ und beobachte die C18-Gruppe noch immer. Man habe heute festgestellt, dass diese Gruppe immer noch viel rede, sich aber eine klandestine Gruppenstruktur gegeben habe. Handlungen, die auf einen „echten Terrorismus“ hindeuten, seien aber nicht zu erkennen. Freier will zudem eine Verlagerung von Dortmund nach Kassel festgestellt haben, weil Stanley Röske nun „jetzt so was wie ein Kopf da“ sei.
Das mutmaßliche Treffen in Dortmund kann als weiteres Zeichen für verstärkte Aktivitäten des C18-Netzwerks, die in den letzten Jahren zu beobachten waren, gewertet werden. Im Oktober 2012 resümierte die Schweizer Sektion von Blood & Honour/Combat 18 unter dem Stichwort „Reunion28“ zur aktuellen Situation: „Dear comrades. As everybody of you knows, europe and the whole white world is on the path to total chaos. Immigrant-gangs and zionist-laws makes life for whites harder day by day“. Die Sektion rief deshalb die europäischen Kameraden zusammen: „We from 28/318 switzerland are interested for a metting with representatives from 28/318 from all over europe and usa to build a stronger network, and prepare ourselves for harder times. For this, we would like to organice a metting in may/june 2013 in switzerland“.
C18 war 2012 kaum mehr als ein Label für offenen Neonazismus und das Propagieren von Gewalt und Terror. Feste Strukturen mit überregionalen Treffen existierten kaum noch. Nicht zuletzt war diese Entwicklung auf die Krebs-Erkrankung von Browning zurückzuführen. Mittels der „Reunion“ sollte diese Entwicklung gestoppt und Strukturen von C18 reanimiert oder neu gegründet werden.
Tatsächlich fanden 2013 mehrere C18-Treffen in der Schweiz statt. Danach waren mehr oder weniger offen unter dem Label Combat 18 beworbene Aktivitäten, vor allem Konzerte, in diversen Ländern festzustellen. C18-Strukturen, die regelmäßig Treffen und Konzerte organisieren, sind in Großbritannien, Skandinavien und Ungarn entstanden. In Frankreich entstand eine C18-Gruppe, die jedoch nach zirka einem Jahr von der Polizei zerschlagen wurde. Auch in Polen und Italien gab es einzelne Konzerte, 2016 auch eines in Serbien. Hinter den Aktivitäten standen aber teilweise nur sehr kleine Gruppen. Dass das internationale Netzwerk funktioniert, zeigte sich aber am 5. März 2016, als ein für den Raum Thüringen angekündigtes Konzert verboten, kurzerhand aber nach Österreich verlegt wurde. Dort lag die Organisation in Händen von Strukturen, die ebenfalls als Combat 18 auftraten.
Auch die Konzerte von Oidoxie verweisen auf die fortgesetzte Einbindung der Band in das Netzwerk. Am 28. Mai 2016 trat Oidoxie zusammen mit der britischen Band No Remorse bei einem konspirativ organisierten C18-Konzert nahe London auf. Auch auf den Sommerfesten der Blood & Honour/Combat 18 Division Scandinavia in Schweden war Oidoxie-Bandleader Gottschalk in den vergangenen Jahren stets präsent: mal als Liedermacher, mal auch nur als Teilnehmer eines erlauchten Kreises von AktivistInnen. Beim diesjährigen Sommerfest am 27. August 2016 in Schweden spielte mit Division Voran erneut eine deutsche Band, als Redner trat wieder ein alter Bekannter auf: Thorsten Heise.
Anmerkung
Dieser Artikel stellt das Ergebnis antifaschistischer Recherche verschiedener Gruppen und Personen dar. LOTTA dankt für die Zusammenarbeit.