EU: „Kostüm-Nazis“ und „Total-Versager“

Euskirchen – Wem, wenn überhaupt, darf man mehr Glauben schenken? Dem notorisch zu hemmungslosen Übertreibungen neigenden Autor der „pro NRW“-Homepage oder dem stellvertretenden Vorsitzenden der Dürener NPD, Rene Rothhanns? Beide liefern sehr unterschiedliche Darstellungen eines – so oder so – denkwürdigen Abends in der Gaststätte „Alte Dorfschänke“ in Euskirchen.

Dorthin hatte am Dienstagabend die „Bürgerbewegung pro NRW“ eingeladen, um ihre regionalen Landtagskandidaten zu küren. Doch dazu kam es nicht. „Unglaubliche Szenen“ hätten sich dort abgespielt, jammert der „pro NRW“-Autor: „Urplötzlich kaperte eine Gruppe latent gewaltbereiter Neonazis aus dem Umfeld des Szenegrüppchens ,Freie Nationalisten Euskirchen’ die Gaststätte.“ Die „fragwürdigen Kostümnazis“ von den FNE hätten die Versammlungsteilnehmer bedroht: „Pro-,Demokröten und Zionisten’ hätten ,Euskirchenverbot’“, sollen sie dekretiert haben. Es sei „sodann zu einem Handgemenge sowie einigen unschönen verbalen Auseinandersetzungen“ gekommen, klagt der „pro NRW“-Autor. Eine „ordnungsgemäße friedliche Durchführung der Veranstaltung“ sei nicht mehr möglich gewesen.

Zu den „ungeheuerlichen Vorkommnissen“ äußert sich auch der „pro“-Vorsitzende: „Angesichts des sich immer mehr abzeichnenden durchschlagenden Wahlerfolges bei den NRW-Landtagswahlen liegen sowohl bei den Altparteien als auch bei den chancenlosen extremistischen Rechtsaußengruppierungen die Nerven blank“, hyperventiliert in gewohnter Weise Markus Beisicht. Man lasse sich von den „Kostümnazis aus Euskirchen“ nicht einschüchtern. Gerade dort werde die Öffentlichkeitsarbeit für „pro NRW“ noch einmal intensiviert.

Glaubt man NPD-Funktionär Rothhanns, der der Partei in Euskirchen vorsitzt, wäre eine solche, intensivierte Öffentlichkeitsarbeit auch dringend erforderlich, falls „pro“ im Kreis überhaupt einen Fuß an den Boden bekommen will. Obwohl 150 Einladungen verschickt worden seien, sei gerade einmal ein Interessent aus Euskirchen bei der Veranstaltung anwesend gewesen, schreibt er in einer Stellungnahme. Außerdem zehn Leute aus dem Umfeld von FNE und NPD, von denen wiederum die Hälfte ebenfalls persönliche Einladungen bekommen habe: „Pro NRW lud alle Interessenten zu ihrer Versammlung ein, die sich im Laufe der letzten Jahre jemals auf Ihrer Weltnetzplattform tummelten.“ Nachdem drei Leute „kritische Fragen“ zum Wahlantritt gestellt hätten, habe der stellvertretende „pro NRW“-Vorsitzende Ronald Micklich die Veranstaltung geschlossen. Diese Fragen würden nun „von Pro Köln/NRW als Bedrohung ausgelegt und als Straftaten in Form von Gewalt bewußt ,fehlinterpretiert’“.

Dass es zu körperlicher Gewalt gekommen sei, entspreche in keiner Weise der Wahrheit, so der Euskirchener NPD-Chef. Das muss aber offenbar nicht das letzte Wort bleiben. Rothhanns: „Auch unsere Geduld ist einmal zu Ende und wenn man die Gewalt schon herbeischreibt, braucht man sich nicht wundern, wenn der eine oder andere beleidigte und verunglimpfte Kamerad so handelt, wie es ,Pro’ anscheinend gerne hätte, um das eigene Total-Versagen kaschieren zu können.“ (ts)