Heinsberg/Düsseldorf/Erfurt – Das DFB-Team bei der Fußball-WM in Südafrika ist zwar in den Augen von Neonazis gar keine „Nationalmannschaft“* – ihren Terminplan richten sie aber doch hier und da nach den Anstoßzeiten des Teams.
Die in Heinsberg-Randerath angemeldete Neonazi-Demonstration am kommenden Samstag soll nun nicht um 13 Uhr starten, sondern bereits um 11 Uhr. „Auf ausdrücklichen Wunsch der schwer fußballbegeisterten regionalen Aktivisten“, so ließ Anmelder Axel Reitz per Rundbrief wissen, sei der Beginn vorverlegt worden. Reitz: „Es braucht sich somit niemand mehr Sorgen darüber bereiten, bei einer Teilnahme an der Veranstaltung, den Ausgang des WM-Viertelfinales zu verpassen, in dem die BRD gegen Argentinien antreten wird.“
Ob und wie viel Verständnis Reitz für den „ausdrücklichen Wunsch“ der „Kameraden“ hatte, bleibt offen. Vor ein paar Tagen veröffentlichte er erneut eine „Polemik“, die er vor vier Jahren zur WM in Deutschland geschrieben hatte. Darin wetterte er gegen die „schwarz-rot-goldene Sumpfblüte des Patriotismus“, gegen „alkoholgeschwängerten Jubel und Trubel der Fussballnation BRD“, „staatskonformen Patriotismus“ und die „überbezahlten Aushilfsathleten der Nationalmannschaft“. Sein Text sei „heute noch genauso aktuell ist wie vor 4 Jahren“, hielt Reitz fest.
Er ist nicht der einzige Alt- oder Neonazi, der unter der WM leidet. Hajo Herrmann, 96-jährige Ikone der alt- und neubraunen Szene aus Düsseldorf, soll am Samstagnachmittag gemeinsam mit einem weiteren „Zeitzeugen“, der von seinen Erlebnissen bei der Waffen-SS-Division Hitlerjugend schwärmen soll, bei einem „Treffen der Generationen“ in der Nähe von Erfurt auftreten. Nach einem Blick auf den Spielplan der WM entschieden die Veranstalter kurzerhand, dass zwischen den Reden der beiden mal eben Deutschland gegen Argentinien live über die Leinwand flimmert.
Er könne „auf der einen Seite nicht über die Erlebnisse eines Zeitzeugen reden, und ne halbe Stunde später wird dann Fußball angesehen“, beklagt sich in einem Neonazi-Forum ein Kommentator. „Wenn einem son kunterbunter Haufen wie die ,Nationalmannschaft’ und das hecheln nach dem Ball wichtiger ist, dann können solche Leute, meiner Meinung nach zu Hause bleiben, einerseits über Brot und Spiele der BRD klagen, andererseits es aber nicht besser machen.“ Doch mit dieser Position steht er zumindest in jenem Forum eindeutig im Abseits. (ts)