Bochum – NPD-Landeschef Claus Cremer übt sich in Understatement. „Die heutige Sitzung kann trotz der unschönen und auch wenig spektakulären Entscheidungen als ergebnisorientiert und diszipliniert bezeichnet werden“, lässt er sich von seinem Pressesprecher Markus Pohl nach der Sitzung des Landesvorstands vom Mittwochabend zitieren.* „Unschön“ dürften einige Entscheidungen aus seiner Sicht in der Tat sein. Aber „wenig spektakulär“?
Immerhin hat der Landesvorstand zum schärfsten Schwert greifen müsse, dass die Parteisatzung für unbotmäßige Gliederungen bereithält: den „organisatorischen Notstand“. „Liegt ernsthafter Anlaß für die Annahme vor, daß eine Aktion unter Mitwirkung von Parteimitgliedern versucht wird, durch die die Partei im Sinne einer ihren demokratischen Grundsätzen widersprechenden Richtung beeinflußt oder ihre Organisation unter die Vormundschaft parteifremder Elemente gebracht werden soll, so kann das Parteipräsidium den Zustand des organisatorischen ,Notstandes’ ausdrücklich feststellen“, heißt es in der Satzung. Im Falle einer „örtlichen Begrenzung des Vorganges“ könne der Landesvorstand den „organisatorischen Notstand“ feststellen.
Im aktuellen Fall betrifft dies mit der Dürener NPD eine Parteigliederung, die immerhin drei Landkreise betreut: neben Düren auch Euskirchen und den Rhein-Erft-Kreis. Und: Mit einem Rausschmiss des Kreisvorsitzenden Ingo Haller und seines Stellvertreters Rene Rothhanns verlöre die NPD auch ihre Mandate im Dürener Kreistag und im Stadtrat.
Abzuwarten bleibt auch, ob Haller & Co. Unterstützer aus anderen Teilen des Bundeslandes auf ihre Seite ziehen können. In Frage käme dabei vor allem der Siegener Kreisverband, der wiederum mit dem Kreistagsmitglied Stephan Flug und dem Stadtratsmitglied Sascha Maurer ebenfalls über zwei Mandate verfügt. Flug war bei dem Landesparteitag erfolglos als Kandidat des radikaleren Flügels für den Vorstand aufgetreten. Maurers „parteifreie“ Neonazi-Kameraden vom „Freien Netz Siegerland“ hatten unlängst festgestellt, dass sie die Landes-NPD auf einem „dekadenten Kurs“ sehen.**
Apropos Kurs der Partei: Der Landesvorstand habe einen „Arbeitskreis ,Politik/Weltanschauung’“ auf den Weg gebracht, teilte die NPD mit. Er solle sich „aus verschiedenen Vertretern der verschiedenen Strömungen innerhalb der Partei zusammensetzen“. „Die Kameradinnen und Kameraden im Landesvorstand haben deutlich zum Ausdruck gebracht, daß ihnen an einer Arbeit für unser Land gelegen ist und sie sich in Zukunft nicht weiter mit internen Streitereien etc. beschäftigen wollen“, lässt sich Cremer abschließend zitieren. „Ich glaube und hoffe, daß dies auch von allen Aktivisten in und außerhalb der Partei genauso gesehen bzw. gefördert wird.“ Da dürfte freilich eher der Wunsch der Vater des Gedankens sein. (ts)
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