K: Demo musste nach 200 Metern stoppen

KÖLN – Köln ist kein gutes Pflaster für „pro Köln“ und „pro NRW“, wenn die selbst ernannte „Bürgerbewegung“ meint, dort auf die Straße gehen zu sollen. Am Samstag war es wieder einmal so.

Unter dem Motto „Keine rechtsfreien Räume in Kalk: Linksautonomes Zentrum schließen!“ hatten die Rechtspopulisten über die Kalker Hauptstraße bis zur Wiersbergstraße ziehen wollen. Dorthin, wo das Autonome Zentrum seinen Sitz hat. Doch nach geschätzt knapp 200 Metern und gerade einmal einem Fünftel der vorgesehenen Route endete die Demonstration im Stadtteil Kalk bereits. Nach unterschiedlichen Quellen zwischen 300 und 500 Gegendemonstranten hatten die Straße östlich der U-Bahn-Station Kalk-Post in Beschlag genommen.

Für „pro Köln“-und „pro NRW“-Chef Markus Beisicht und seine 77 Mit-„Bürgerbewegten“ gab es kein Durchkommen. Mehr als zweieinhalb Stunden standen sie auf der Straße in Höhe des Eingangs der Köln Arcaden, ehe sie einmal kurz um die Kalker Post liefen und wieder ihren Rückweg zum Bus und zu den Autos antraten, mit denen sie gekommen waren.

Rechtspopulistische Parallelwelt

Zu bestaunen war an den Köln Arcaden die bekannte extrem rechte Parallelwelt der angeblichen „Bürgerbewegung“, samt chronischer Selbstüberschätzung. „Sie sind eine politische Avantgarde“, machte „pro NRW“-Generalsekretär Markus Wiener dem Demonstranten-Häuflein Mut. Und Beisicht behauptete tapfer, man habe die „überwiegende Unterstützung aus dem Veedel“. Zu sehen war davon nichts. Dennoch rief er seinen Anhängern zu: „Wir sind das Volk! Wir sind Köln!“ und adelte sie gleich noch zum „anständigen Deutschland“. Seine Fans wollen so etwas glauben und jubelten ihm zu.

Sie hofften zu diesem Zeitpunkt, doch noch bis zur Wiersbergstraße ziehen zu können, zumal Beisicht Durchhalteparolen verbreitete: „Wir werden diese Kundgebung erfolgreich zu Ende führen.“ Viel Zeit habe man an diesem Nachmittag. Nur „40, 50 Gegendemonstranten“ und „wenige Dutzende, die hier die Straße blockieren“, wollte Beisicht erkannt haben, für ihn „die letzte Kolonne von Stalin und Honecker“: „Wir weichen nicht. Wir halten durch.“ Am Ende kam es anders.

Bolschewisten von der Occupy-Bewegung

Für ein wenig Stimmung unter dem wartenden „pro“-Anhang sorgte unter anderem Taylor Rose, Vertreter einer rechten US-amerikanischen Studentengruppe, der von der „Bürgerbewegung“ als „Vertreter der Tea Party“ vorgestellt wurde. Sein Publikum ließ er unter Hinweis auf die Occupy-Bewegung allen Ernstes wissen, „dass diese Linksextremisten die Wiederkunft der bolschewistischen Revolution in der westliche Welt“ seien. Und auch im Veedel selbst hat er die Gefahr erkannt: Die Ideologie des Bolschewismus feiere in Kalk Wiederauferstehung, warnte er.

Doch nicht nur Honecker- und Stalin-Erben sowie Bolschewisten wollten die Rechtspopulisten auf der Gegenseite erkannt haben. Auch eine SA – wahlweise als grün oder rot bezeichnet – sahen sie am Werk. Und zwei neue personifizierte Feindbilder haben sie – neben dem Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters – ausgemacht: Kölns neuen Polizeipräsidenten Wolfgang Albers, der die Straßenblockade nicht räumen ließ, sowie den Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck, der sich in die Gespräche zwischen Polizei und Gegendemonstranten eingeschaltet hatte.

Grünen-Abgeordneten als „Gauleiter“ bezeichnet

„Bundestagsabgeordnete schwingen sich auf zum Gauleiter“, wetterte „pro Köln“-Ratsmitglied Jörg Uckermann und griff damit ein Formulierung auf, die Beisicht zuvor ganz ähnlich gewählt hatte. Uckermann: „Der Rechtsstaat kapituliert vor Chaoten, vor Bundestagsabgeordneten. Die kann man getrost als grüne SA bezeichnen.“

Da waren die knapp 80 Teilnehmer schon wieder auf ihrem Rückweg zum Bus. Dass es in ihrer „Hochburg“ Köln nach immerhin sechswöchiger Vorbereitungszeit überhaupt so viele waren, lag an der Unterstützung aus anderen Landesteilen. Auch aus Ostwestfalen, dem Bergischen Land, vom Niederrhein und aus dem Ruhrgebiet waren „pro NRW“-Mitglieder in die Domstadt gekommen. Anfang nächsten Jahres sollen sie wieder anreisen.

Man werde wiederkommen, drohte Beisicht an, als sein Demozug schließlich am Ausgangspunkt der Veranstaltung angekommen war. Mit genau der selben Route werde „pro“ für Januar erneut eine Demonstration anmelden. „Wir sind das Volk“, rief er noch einmal ins Mikrofon. Und die 77er-„Avantgarde“ wiederholte den Spruch noch fünf-, sechsmal. Es klang spätestens bei der vierten Wiederholung dann doch sehr dünn. (rr/ts)