NRW: Andreas Molau, die „Hochverräter“ vom 20. Juli und die „israelischen Freiluft-KZs“

LEVERKUSEN – Andreas Molau: vom NPD-Saulus zum „rechtsdemokratischen“ Paulus? Das möchte er gerne glauben machen. Für eine ganz andere Vermutung sprechen weit mehr Indizien: Molau, mal als „Publizist“ mal als „Rechts-Intellektueller“ gehandelt, agiert nach seinem Scheitern bei NPD und DVU entsprechend der schlichten Devise „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“. Oder, da die materiellen Verlockungen bei „pro NRW“ im Augenblick mangels finanzieller Masse noch nicht so üppig ausfallen: Wessen fett belegte Brote ich in Zukunft einmal essen will, dessen Melodien schmettere ich schon jetzt um so lauter.

„Rechtsstaatlichkeit und die Einforderung umfassender Freiheitsrechte sind das Fundament freiheitlicher Politik. Das schließt alle Berührungen mit Kreisen aus, in denen Ressentiments und Vergangenheitsorientierung auch nur rudimentär das politische Denken bestimmen“, schrieb Molau dieser Tage. Als Vordenker „freiheitlicher Politik“ will er unterwegs sein – und nicht mehr an Zeiten erinnert werden, als er noch der Lautsprecher der NPD war.

Andreas Molaus letzte Chance

Sie, die NPD, war es, die ihm zunächst die Möglichkeit eröffnete, von der Politik zu leben. Er war Mitarbeiter ihrer Fraktion in Sachsen, arbeitete für die Parteizeitung „Deutsche Stimme“ (zeitweilig als stellvertretender Chefredakteur) und als Pressesprecher des von ihm inzwischen ob seiner NS-Ausfälle verbal verdammten Schweriner NPD-Fraktionsvorsitzenden Udo Pastörs. Er verbreitete die schlichten Wahrheiten seiner Partei mit aller Vehemenz. Und scheiterte doch mit seinem Versuch, ihr Vorsitzender zu werden. Er heuerte daraufhin bei der vor sich hin siechenden „Deutschen Volksunion“ an und verantwortete deren kaum weniger schlichte Öffentlichkeitsarbeit. Mit der DVU ging es zu Ende, und Molau wurde zwei Tage nach der Landtagswahl offiziell am 11. Mai 2010 Mitglied von „pro NRW“ – einer Partei, die er vehement abgelehnt hatte, als er noch in NPD-Diensten stand. Der „Bürgerbewegung“ fehle der „weltanschauliche Unterbau“, ohne den sie „ziemlich schnell wieder in sich zusammenfallen“ werde, so hatte er ihr prophezeit.

Mutmaßlich ist die rechtspopulistische Partei und die Perspektive, aus ihr könnte sich durch Fusion oder Kooperation unter anderem mit den „Republikanern“ eine neue, größere rechte Formation mit Aussichten auf Parlamentsmandate, Fraktionsstäbe und publizistische Projekte entwickeln, aber nun seine letzte Chance, mit Parteipolitik Geld zu verdienen. Seine allerletzte Chance. Entsprechend agiert er.

Es lohnt sich ein Blick zurück auf das, was Molau in früheren Jahren geschrieben hat.* Nicht auf das, was vielleicht als „Jugendsünde“ durchgehen würde – ein Blick auf die letzten etwas mehr als fünf Jahre genügt. Wie hielt es Molau mit jenen „Ressentiments“ und der „Vergangenheitsorientierung“, die nach seiner neuen Erkenntnis das politische Denken nicht einmal rudimentär bestimmen dürfen, als er noch von der NPD alimentiert wurde?

Andreas Molau und die Vergangenheit

Zu Stauffenberg beispielsweise fällt ihm in der Ausgabe vom März 2009 in der „Deutsche Stimme“ ein, es dürfe heute offenbar in Deutschland keine deutschen Helden mehr geben:

„Es sei denn, sie werden von US-amerikanischen Scientologen gespielt und ihr Heldenmut beschränkt sich darauf, mitten im Krieg, wo Volk und Land verteidigt, Kinder und Greise von der Wehrmacht vor den Terrorgruppen der Roten Armee evakuiert wurden, einen Aktenkoffer mit Sprengstoff bei der politischen Führung zu deponieren und sich dann aus dem Staub zu machen.“

An anderer Stelle des Parteiblatts wird Molau in einem Interview so zitiert:

„Was den 20. Juli angeht, so werde ich einen Teufel tun, mich über diese Verräter positiv auszusprechen. Daß sie teilweise dachten, im Sinne der Nation zu handeln, mag sein. Aber Hochverrat bleibt Hochverrat.“

Andreas Molau und der Antiamerikanismus

Stauffenberg also eignet sich nicht als Held. Molau findet aber einen anderen: „Hermann der Cherusker“ ist es. Dessen Handeln hat den Vorteil, dass Molau gleich eine politische Nutzanwendung für die Gegenwart in den Sinn kommt: Es geht gegen US-Amerika.

„Vor 2.000 Jahren, da schlossen sich die germanischen Stämme zusammen, um sich gegen die USA der Antike zur Wehr zu setzen. Die Germanen wollten lieber frei als fremdbestimmt sein. In einer taktisch klugen Schlacht vernichteten die Germanen unter der Führung Hermanns, in Unterzahl und waffentechnisch unterlegen, die römischen Legionen. Was wäre, wenn sich die Jugend angesichts von US-amerikanischen Polit-Bütteln heute, solch eine Haltung zum Vorbild nehmen würde? Was wäre, wenn die deutsche Rechte sich die Einigkeit dieses großen Völkerereignis zu eigen machen würde und sich gemeinsam gegen einen politischen Feind zur Wehr setzen würde, der uns Deutsche fremdbestimmt? Rom hatte, wie die USA heute, die damals bekannte Welt fast völlig unter Kontrolle.“

Die USA als Herrscher der Welt, die die Deutschen unterjochen – ein Standardelement extrem rechter Propaganda. Für die Februarausgabe der Deutschen Stimme im Jahr 2007 verfasste deren damaliger stellvertretender Chefredakteur Molau einen Beitrag, dessen Überschrift die Stoßrichtung angab:

„Den Weltfeind stoppen!“

In der Unterzeile der Überschrift wurde konkretisiert, wer dieser „Weltfeind“ ist:

„Antiamerikanismus als europäische Bürgerpflicht“

Molau konstatierte in seinem Beitrag:

„Wenn es nach dem Willen der Systempolitik ginge, dann kommt Antiamerikanismus gleich nach Antisemitismus und gleicht etwa dem, was man in Kaisers Zeiten unter Majestätsbeleidigung verstand.“

Andreas Molau und der Antisemitismus

Womit wir übergangslos bei einem weiteren Kernelement extrem rechten Denkens sind, dem Antisemitismus. Im März 2007 – er fungierte immer noch als stellvertretender Chefredakteur – machte Molau einleitend zu einem DS-Interview mit dem Holocaustleugner Uwe Walendy zunächst einmal einen tiefen Bückling vor dem Gesprächspartner:

„Herr Walendy, wir dürfen Ihnen zunächst von Seiten der Redaktion der Deutschen Simme  noch nachträglich die besten Glückwünsche zum 80. Geburtstag übermitteln“,

um dann später in Frageform zu beklagen, dass „zeithistorische Fragen gleichsam religiösen Charakter haben“:

„Wer nicht spurt, wird verurteilt. Das müssen aktuell gerade Ernst Zündel, Germar Rudolf, Horst Mahler und Rigolf Hennig erfahren“,

zählt er gleich vier der bundesweit bekanntesten Geschichtsrevisionisten auf, die wegen holocaustleugnender Schriften vor Gericht landeten. Ganz nebenbei gibt er in jenem Interview einen weiteren Blick auf sein Geschichtsbild preis. Über die Jahren nach 1945/46 schreibt er:

„Gleichzeitig ist das ja die Zeit der großen publizistischen Gleichschaltung.“

Wieder einen Monat später, in der Ausgabe vom April 2007 der DS, palavert Molau – grammatikalisch etwas schief – über die

„israelischen Freiluft-KZs, in das die Palästinenser eingesperrt sind“.

Doch mehr als die Juden in Israel haben es ihm die in Deutschland angetan. Für die März-Ausgabe 2007 der Parteizeitung verfasst er einen Text, der sich mit Michel Friedman beschäftigt, der aber am Rande bereits die Formulierung der

„Freiluft-Konzentrationslager der Israelis für Palästinenser“

enthält. Zynisch schon die Einleitung:

„Doktor Michel Julien Friedman hört immer die Kolonnen der Bewegung hinter sich marschieren, obwohl der 1956 in Paris geborene Rechtsanwalt und Journalist sie tatsächlich doch wohl nur aus den immer gleichen Guido-Knopp-Konserven kennen dürfte.“

Molau weiter:

„Friedman steht dem deutschen ,Tätervolk’, dem er staatsbürgerschaftsrechtlich angehören will, unversöhnlich gegenüber.“

Merke: Friedman „will“ bloß Deutscher sein, eventuell auch lediglich „staatsbürgerschaftsrechtlich“, ist aber im Grunde gar keiner, sondern steht dem deutschen Volk „unversöhnlich gegenüber“. Wirklich dazugehören kann so einer folglich nicht. Molau zieht in dem Beitrag ein Fazit:

„Es soll Deutsche geben, die den Holocaust nicht leugnen. Diese Menschen interessieren sich einfach nicht mehr für ihn. Brechreiz durch Überfütterung. Das ist bitter für den Mann. Aber er sollte sich daran gewöhnen.“

Nicht nur Friedman wird im Übrigen Opfer eines publizistischen Ausbürgerungsdekrets von Molau. Juden sind Juden und können offenbar weder richtige Deutsche noch richtige Engländer sein. In der Ausgabe vom September 2006 der DS notiert er unter der Überschrift „,Die weiße Rasse degeneriert’“ über einen in London geborenen Schauspieler, es handele sich um den

„in den Medien als Engländer betitelten Juden Sacha Cohen“.

Andreas Molau und die parteipolitische Radikalität

Die heutige NPD nennt Molau inzwischen eine von „Spitzeln durchsetzte NS-Mummenschanz-Truppe“. Es ist gar nicht so lange her, da hatte er andere Sorgen und fürchtete eher eine zu große Anpassung der NPD ans „System“. Den NPD-Geldgeber und späteren Parteivize Jürgen Rieger bat Molau im Interview in der DS-Ausgabe vom Oktober 2006 um Rat:

„Was sollte man tun, damit die NPD bei zunehmendem parlamentarischem Erfolg nicht das Schicksal der ,verhausschweinten’ grünen Partei erleidet?“

Und knapp zweieinhalb Jahre später befürwortete er explizit eine Kooperation von NPD und „Freien Kräften“, sprich: „parteifreien“ Neonazis. Unter der Überschrift „Die Ausbildung eines nationalen Milieus“ schrieb Molau in der DS vom Februar 2009:

„Angesichts sich auflösender Bindungen an Parteien und traditionelle Vereine sind politische Organisationsformen neben der NPD im nationalen Spektrum zu begrüßen. (...) Freie Kräfte, darunter sind konservative Vortragskreise ebenso zu verstehen wie Kameradschaften und NPD müssen sich vernetzen, ihre Arbeit koordinieren.“

Konstanten

Bei allen tatsächlichen und scheinbaren Brüchen in der „Argumentation“ des NPD-Molau und des angeblich „rechtsdemokratisch“ resozialisierten Molau zeigen sich doch einige Konstanten. Dazu zählt vor allem der geradezu anbiedernde Umgang mit Interviewpartnern, besonders, wenn sie für sein Vorankommen von Bedeutung sein könnten. Einst waren dies zum Beispiel Jürgen Rieger und Udo Pastörs, die selbst nach NPD-Maßstäben auf dem radikaleren Flügel der Partei beheimatet waren bzw. sind. Heute nähert er sich „pro NRW“-Chef Beisicht so devot an. Dessen Liedchen schmettert er kräftig. Muss er auch schmettern, denn s.o.: Eine andere Chance im Bereich der Parteipolitik bleibt ihm nicht mehr. (rr/ts)

* Weitere O-Töne Molaus finden sich hier:

/nrwrex/2010/09/k-pro-nrw-und-andreas-molaus-humanistisches-menschenbild

und hier

/nrwrex/2010/05/nrw-andreas-molaus-no-go-areas

und hier

http://www.youtube.com/watch?v=6xyq-oiMbo4