AACHEN – Seit donnerstagmorgen sei die „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) aufgelöst, erklärte Aachens Polizeipräsident Klaus Oelze gestern bei der Pressekonferenz zum Verbot der Neonazi-Gruppe. Am frühen Morgen habe man den KAL-Mitgliedern die Verbotsverfügung übergeben und deren Wohnungen durchsucht.
In der 66-seitigen Verbotsverfügung des Innenministeriums wird die Auflösung der Gruppe begründet. Die „Kameradschaft Aachener Land“ ist demnach ein „Verein“, auch wenn dieser nicht über eine Satzung oder einen Eintrag im Vereinsregister verfügt. Durch ihre Tätigkeiten habe die KAL gegen das Vereinsgesetz verstoßen. Das Gesetz legt unter §3 fest, dass ein Verein dann verboten werden kann, wenn „seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen“ und „er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet“. Alle drei Kriterien seien im Falle der KAL erfüllt, teilte die Polizei mit. Bereits der Verstoß gegen einen der Punkte sei ein Verbotsgrund.
Razzien gegen 46 Mitglieder
Die ErmittlerInnen zählen zur KAL 46 Männer und Frauen, von denen drei Personen zurzeit in Haft sind. Nachdem zuerst den Inhaftierten die Verbotsverfügung übergeben worden war, gingen die Polizeikräfte gegen 6 Uhr zeitgleich gegen die anderen Mitglieder vor. Der Großteil der KAL-Mitglieder, 22 an der Zahl, wohnen in der Städteregion Aachen, weitere 11 im Kreis Heinsberg und 8 im Kreis Düren. Außerdem wurden in Köln und Kleve je eine Wohnung eines Mitglieds durchsucht. Die Wohnorte der Neonazis decken sich mit der Struktur der KAL, welche die Polizei ausgemacht hat. So sei die „Kameradschaft“ von einem "Kameradschaftsführer" sowie drei „Unterführern“ geleitet worden, die je einer der drei Sektionen (Aachen, Düren, Heinsberg) vorstanden. Die KAL habe auch über einen Kassenwart verfügt, bei dem die Polizei Bargeld in Höhe von 700 Euro fand.
Waffen beschlagnahmt
Neben Propagandamaterial und NS-Devotionalien beschlagnahmte die Polizei auch zahlreiche Waffen. Allerdings wurde keine scharfe Schusswaffe sichergestellt, sondern lediglich Gas-, Schreckschuss-, Deko- und Luftdruckwaffen. Einen furchterregenden Eindruck erweckte die Sammlung an Hieb- und Stichwaffen, welche die Polizei als Asservate präsentierte. So wurden neben zahlreichen Messern, Dolchen, Schlagmessern und Säbeln, auch Schlagstöcke, Schlagringe und sogar ein Morgenstern sichergestellt. In einen Baseballschläger war ein Hakenkreuz und der Schriftzug „Hooligan“ geritzt worden. Zudem beschlagnahmte die Polizei eine Zwille und eine Armbrust.
Nachfolgetätigkeiten unterbinden
„Die Organisation ist zerschlagen, das Gedankengut der Nazis ist aber noch da“, bekräftige Polizeipräsident Oelze. Die Gesellschaft tue gut daran, weiter politisch gegen dieses Gedan-kengut anzugehen. Außerdem vermutet die Polizei, dass ein Teil der Neonazis versuchen wird, neue Aktivitäten zu entwickeln. Durch das Vereinsverbot seien aber alle Nachfolgetä-tigkeiten untersagt. Sollten neue Gruppen gegründet oder bestehende Kameradschaften als Auffangbecken genutzt werden, würden diese ebenfalls aufgelöst werden.
Aachener Neonazis wollen weitermachen
Dass die Neonazis im Aachener Umland aktiv bleiben wollen, haben sie heute in einer Erklärung mit dem Titel „Wir sind verboten. Na und?“ angekündigt. Die vom Innenminister verantwortete Aktion werde sicherlich „eine große Umstrukturierung“ zur Folge haben, „doch ob er sich und der Polizei damit einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten“. Noch nicht absehbar ist auch, ob das Verbot Auswirkungen auf den jährlichen Neonaziaufmarsch in Stolberg haben wird. Polizeipräsident Oelze deutete dies zumindest an. Da auch Ingo Haller und Rene Laube Verbotsverfügungen zugegangen seien, könnten diese als Versammlungsleiter der Märsche wohl künftig ausfallen.