"Das SS in meinem Namen hat nicht zufällig gepasst"

Der Nazi-Rapper Makss Damage

Makss Damage ist der wohl bekannteste Akteur des noch verhältnismäßig jungen Genres „NS-Rap“. Mit ordentlichen Beats und Flow verbreitet er rassistischen Überlegenheitswahn, widerlichen Sexismus und verherrlicht den Nationalsozialismus. Nach der Veröffentlichung seines neuen Albums „2033“ absolvierte er in diesem Jahr seine ersten Live-Auftritte.

Makss Damage ist der wohl bekannteste Akteur des noch verhältnismäßig jungen Genres „NS-Rap“. Mit ordentlichen Beats und Flow verbreitet er rassistischen Überlegenheitswahn, widerlichen Sexismus und verherrlicht den Nationalsozialismus. Nach der Veröffentlichung seines neuen Albums „2033“ absolvierte er in diesem Jahr seine ersten Live-Auftritte.

Seit 2010 hat sich in Deutschland innerhalb des RechtsRocks eine kleine extrem rechte Rap-Szene entwickelt. Zahlenmäßig ist diese eher unbedeutend: Etwa 200 Bands und LiedermacherInnen mit extrem rechten Texten sind derzeit aktiv, nur eine Handvoll davon experimentiert mit dem in weiten Teilen der Szene immer noch als „multikulturell“ abgelehnten Rap. So stehen hinter dem Sprachgesang zum Untergang(SZU) aus Altenburg Musiker der NS-Hardcore-Band Eternal Bleeding, n’Socialist Soundsystem ist ein Projekt von Mitgliedern der Rechts-Rock-Band Häretiker.

Eine Ausnahme stellt dabei Julian Fritsch aliasMakss Damage (MD) dar. Zum einen hat er einen guten Flow, interessante Beats und „intelligente“ Reime; sprich: im Gegensatz bzu anderen RechtsRock-Projekten klingt er nicht lächerlich, sondern authentisch. Zum anderen hatte er als einziger NS-Rapper auch Gelegenheit, sich live einem größeren Szene-Publikum zu präsentieren, und schließlich weist seine Biographie einige Besonderheiten auf. So war Fritsch früher in der radikalen Linken aktiv und rappte schon zu dieser Zeit.

Antisemitismus und Heldentum – Kontinuitäten

Der im ostwestfälischen Gütersloh auf-gewachsene Fritsch fing nach Eigenangaben mit 16 Jahren, also 2004, an zu rappen. Seinen Künstlernamen Makss Damageleitet er von der Hauptfigur Max Damage des gewalttätigen Computerrennspiels „Carmaggedon“ ab. Ab 2005 war er in einer kleinen Gruppe der SDAJ und in einer Jugendantifa-Gruppe aktiv und bezeichnete sich selbst als „Stalinist“. Schon seine Texte aus dieser Zeit drücken Antisemitismus und Männlichkeitswahn aus. So rappte er auf  dem Album „Makssismus 2010“ beispielsweise in Bezug auf den Nahost-Konflikt „Ich leite Giftgas lyrisch in Siedlungen, die jüdisch sind“, der 11. September 2001 wird als von der US-Regierung inszeniert dargestellt und an die Adresse von Neonazis gerichtet „Ich geh mir schnell einen w** und f** dann erst eure Mädchen, dann eure Jungs“. Aus der Linken heraus wurde er hierfür kritisiert.

Bald darauf folgte der „Bruch“. Anfang 2011 nahm Fritsch an einer Demonstration des  Kameradschaftsspektrums in Wuppertal teil. Kurz danach publizierte das neonazistische Medienprojekt medinet-west.infoein Interview des Wuppertaler Neonazis Kevin Koch und des sich zwischenzeitlich als Aussteiger inszenierenden Axel Reitz mit Fritsch. Dieser sei, wie Reitz es formulierte, „übergewechselt in unsere Strukturen“. Im Interview beklagte Fritsch mangelnde Kameradschaft und ideologische Verblendung der radikalen Linken. Es gebe dort kein Ehrgefühl und kein Kämpfertum. Genau diese Werte suchte er in der Naziszene, ideologische Anknüpfungspunkte wie den Antisemitismus gab es zuhauf.

Im Interview kündigt er an, weiter als Makss DamageMusik zu machen, doch würden nun „viele na-tionale Elemente in die Musik kommen“. Der neonazistischen Kritik am HipHop aufgrund seiner schwarzen Wurzeln hält er entgegen, dass „auch Rock keine weiße Erfindung“ sei, und arisiert in einem Interview mit dem extrem rech-ten Online-Radio/TV-Kanal fsn-tvdann auch gleich noch den Rap, indem er be-hauptet, auch die Wikinger hätten schon gerappt. Von Bedeutung ist für ihn aber bletztlich das „unglaubliche Potential“, das er im nationalen Rap als Rekrutierungsinstrument für neue Anhänger_innen sieht.

Nazi-Rap

Kurze Zeit später, im April 2011, veröffentlicht MD im Internet den Track „Stolberg“. Dabei handelt es sich um ein Mobilisierungslied zum von der NPD organisierten Gedenkmarsch für einen von einem „Ausländer“ getöteten und im Nachhinein zum „Kameraden“ stili-sierten jungen Mann. Es folgt die EP „Sturmzeichen“, die wie alle bisherigen Alben und Lieder kostenlos zum Down-load angeboten wird. Das Lied „Dresden“, das die Nazi-Aufmärsche anlässlich der Bombardierung Dresdens und die Gegenaktivitäten thematisiert, ist von ekelhaftestem Sexismus geprägt: „Antifanten-Schwuppen, wo sind eure Puppen? Bringt sie doch im Februar nach Dresden mit zum Schlucken. Antifanten-Mädchen, wollt ihr was erleben? Wenn ihr Bock auf Blasen habt, dann sehen wir uns in Dresden“. Er fordert dazu auf, ins Feld zu stürmen, „um den Feind  kaltzumachen“, also die Gegendemonstrant_innen zu ermorden.

Auf den NS bezieht er sich durch lyrische Zitate wie „Die Fahne hoch, die Reihen fest“, die dem Horst-Wessel-Lied entnommen sind, oder auch Zeilen wie „Auf unseren Transpis prangern Parolen wie: Reinhard tu es nochmal“. Gemeint sein dürfte in diesem Zusammenhang der Mitorganisator der „End-lösung der Judenfrage“, SS-Obergrup-penführer Reinhard Heydrich. Zwei Lieder aus  „Sturmzeichen“ erscheinen 2011 auf der „Schulhof CD Berlin“ der NPD. Deren Texte wurden prompt für die Indizierung der CD herangezogen und sorgten dafür, dass diese nicht mehr an Jugendliche verteilt werden darf.

Im September 2011 erscheint dann „Die Faust geht zum Kopf“, zusammen mit dem Bielefelder Rapper Bjoern Michael Bock, aka King Bock. Bock war schon auf Grund der Texte seines 2007 veröffent-lichten mp3-Rap-Albums „Walther & Steinar & Königssee“ wegen Volksver-hetzung verurteilt worden. Auch in „Die Faust geht zum Kopf“ finden sich Ge-walt- und antisemitische Vernichtungs-phantasien wie „Das Zeckenpack wollte mich brechen, Sie haben’s sicher gut gemeint. Ich stecke sie alle gemeinsam in den nächsten Zug nach ***wald, Wasch mich mit der Seife ab, genieß den Lampenschirm der, neben meiner 20 Kilo-Hantel das Apartment ziert“. Die Benennung von Zug und ***wald müssen als Anspielungen auf die Deportation von als „undeutsch“ kategorisierten Menschen durch die Nationalsozialisten nach Buchenwald verstanden werden. MD reproduziert hier den Mythos, dass aus den Körpern der ermordeten Men-schen „Seife“ und „Lampenschirm“(e) gefertigt worden seien.

Auf Grund des Inhalts des Liedes wurden die Wohnungen der beiden Rapper durchsucht, da der Verdacht der Volksverhetzung bestand. Die Beschlagnahmung seines Computers war laut MD die Ursache, dass er die Veröffentlichung des ersten geplanten Tonträgers nicht realisieren konnte. Stattdessen fasste er einige Lieder als „Hausdurchsuchungs-EP“ zusammen und offerierte sie zum kostenlosen Download.

Offene Anspielungen auf den Nationalsozialismus finden sich auch in „Tränengasdusche“, einem Mobilisierungslied zu einer Nazi-Demonstration in Wuppertal, in dem es heißt: „..jetzt wird das K, ich meine das AZ, wieder richtig voll.“ Auch hier ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung. Ob ihm im Konflikt mit der Staatsmacht sein Jura-Studium dienlich war, dem Fritsch sich ab dem Wintersemester 2012/13 an der Universität Bielefeld widmet, sei dahingestellt. Ebenso fraglich ist, ob die dortige Kampagne „Uni ohne Nazis“ ihm das Studium vergrätzte oder ob es an anderen Faktoren lag, aber Fritsch verließ Bielefeld und zog zum Studium nach Bonn, wo er sich jedoch ebenso mit antifaschistischen Kampagnen gegen ihn konfrontiert sah und wieder wegzog.

2033

Erscheinen sollte das erste „richtige“ Album von MD eigentlich im Dezember 2014, der Start war jedoch schwierig: „Ich mach‘s kurz. Das Pressewerk will die fertigen CDs nicht liefern, aufgrund eventueller ‚bedenklicher Inhalte‘. Bis die Sache geklärt ist, verschiebt sich das Release auf unbestimmte Zeit“,  schrieb Makss Damageauf seiner Homepage. Irgendwie scheint das Problem zu lösen gewesen sein, denn im Februar 2015 wurde das Album veröffentlicht. Inhalt-lich enthalten die 15 Lieder die bekannte
Mischung aus NS-Verherrlichung, Ge-walt bzw. Vernichtungsfantasien, Antisemitismus und Sexismus. So reimt MD in dem Titelsong „Deutschland“, in dem es ganz offensichtlich um die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler geht: „Keine Ketten mehr, die uns koppelten an die Zinsen, wir schlugen wie Rocky zu, ließen Würmer im Kompass winseln. Parasitenpack, Innerdeutschland fraß sich an Renditen satt. Wir liefen mit Fackeln durch die Straßen in der Siegesnacht, räucherten die Nester aus, fackelten sie schließlich ab, tranken ein paar Bier, auf dass Deutschland wieder erwacht.“

Auch die Selbstverortung „Das SS in meinem Namen hat nicht zufällig ge-passt“, mit dem sich MD selbst in die Kontinuität der SS setzt, stammt aus diesem Album, aus dem Lied „Blitzende Zähne“. An der Produktion des Albums wirkten verschiedene Musiker der extremen Rechten mit. Driugan, Nordic Walker, Megatron, Der Oberbergerund Baldur unterstützten den Rapper bei der Aufnahme seiner Lieder. Unterstützung  erhielt er auch beim Dreh für das mitt-lerweile bei YouTube entfernte Video
zum Track „ENAZETI MCEE“ (meint „Nazi MC“), in dem vormalige Mitglieder der Kameradschaft Aachener Land mit Waffen posieren. In dem rassistischen Track bezieht sich Makss Damage mehrfach auf den Ku Klux Klanund droht: „Vergiss die Baumwollplantagen-Musik / Mann, ich befrei’ keine Sklaven / Das hier ist weißer Rap / Und an all die lieben Leute, die gerne mal Deutsche jagen / Es kommt der Tag, da habt ihr alle ein brennendes Kreuz im Garten“. Verantwortlich für das Layout des Albums ist nach Angaben von MD „Vlanze Graphics“, ein Projekt des Neonazis Martin Wegerich aus Dortmund.

Erschienen ist das Produkt auf dem eigenen Label von Fritsch, Reconquista Records. „Reconquista Records ist mein Label, mein eigenes, auf dem auch meine weiteren Alben erscheinen wer-den, und was auch nicht zuletzt gegründet habe weil ich talentierten Nachwuchs Rappern aus dem rechten Bereich die Möglichkeit geben möchte, vernünftig zu veröffentlichen“, ließ er im erwähnten Interview mit fsn-TV verlauten. So soll mittels seines Labels die Entwicklung in diesem Bereich forciert werden. Das Potential dafür scheint tatsächlich da zu sein: Im August 2015 ist die Auflage des Albums laut MD aus-verkauft, die Lieder nur noch als Down-load zu erwerben. Am 3. April 2015 stand Makss Damage dann erstmals live auf der Bühne. Im Rahmen des von den Hammerskins organisierten „Unbending Will“-Konzertes im April 2015 in  Süddeutschland konnte er neben internationalen Größen wie H8Machine aus den USA und Terrorsphära aus Österreich auftreten, es folgten zwei kleinere Auftritte. Zuletzt stand er am 5. September 2015 bei einer vom Syndikat 52, einem Projekt von Die Rechte Aachen und Heinsberg, organisierten „Party für Deutsche“ in Heinsberg auf der Bühne.

Die Reichweite neonazistischen Raps ist innerhalb der Szene begrenzt, gerade die hohen Klickzahlen der Videos von MD lassen jedoch vermuten, dass eine Anhängerschaft jenseits der Szene existiert. Die musikalischen Qualitäten von Makss Damagesind sicherlich eine der Erfolgsbedingungen dieser Entwicklung. Ob seine Anziehungskraft jedoch ausreicht, um NS-Rap aus dem aktuellen Nischendasein herauszuholen, bleibt zweifelhaft.

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