Geschichtsrevisionismus und NS-Verherrlichung in (Süd-)Osteuropa

Eine Einleitung in den Schwerpunkt

Fackeln, Fahnen, faschistische Symbole. Tausende, zum Teil in historische Uniformen der Wehrmacht, der Waffen-SS und von deren Verbündeten gekleidete Nazis aus ganz Europa versammeln sich, um den Angehörigen der Waffen-SS und/oder NS-Kollaborateuren zu gedenken. Die Bilder von den jährlichen Naziaufmärschen im bulgarischen Sofia, in Ungarns Hauptstadt Budapest und im lettischen Riga ähneln sich.

Fackeln, Fahnen, faschistische Symbole. Tausende, zum Teil in historische Uniformen der Wehrmacht, der Waffen-SS und von deren Verbündeten gekleidete Nazis aus ganz Europa versammeln sich, um den Angehörigen der Waffen-SS und/oder NS-Kollaborateuren zu gedenken. Die Bilder von den jährlichen Naziaufmärschen im bulgarischen Sofia, in Ungarns Hauptstadt Budapest und im lettischen Riga ähneln sich.

Die Verherrlichung des Nationalsozialismus und seiner Verbündeten ist eines der zentralen Themen der extremen Rechten nach 1945, nicht nur in Deutschland. Besonders in einigen postsozialistischen Staaten Ost- und Südosteuropas haben sich seit den 1990er Jahren geschichtsrevisionistische und NS-verherrlichende Veranstaltungen etabliert, an denen sich Nazis aus ganz Europa beteiligen.

Dabei ist es nicht nur die militante extreme Rechte, die versucht, die Geschichte umzudeuten. Eine der treibenden Kräfte des Geschichtsrevisionismus in Europa ist die ungarische Regierung. Zusammen mit den baltischen Staaten brachte sie 2019 eine Resolution ins Europäische Parlament ein, in der der Sowjetunion eine Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gegeben wird. Diese geschichtsrevisionistische Umschreibung findet auch in konservativen, liberalen und grünen Parteien in Europa Anklang und gipfelt in der Einführung eines europaweiten Gedenktages für die Opfer aller „totalitären Regime“.

Diese Gleichsetzung von Täter_innen und Opfern, von Faschismus und Kommunismus führt dazu, dass sich die Staaten, die mit dem faschistischen Deutschland kollaborierten, nicht mit dem eigenen Nationalismus, Antisemitismus, Antiziganismus und mit der Beteiligung von Kollaborateur_innen aus ihren Ländern am NS-Massenmord auseinandersetzen müssen. Stattdessen erklären sie sich zu Opfern zweier Regime.

Diesem Geschichtsrevisionismus gilt es, kritische antifaschistische Erinnerungskultur und Geschichtspolitik entgegenzustellen und den NS-verherrlichenden Aufmärschen in Europa ein Ende zu bereiten. Der NS-Kollaboration in Ost- und Südosteuropa und dem Fortwirken der NS-Kollaborateure nach 1945 widmen sich Jörg Kronauer und Johannes Hartwig und thematisieren die Bedeutung geschichtsrevisionistischer Aufmärsche für die extreme Rechte in Europa.

Einen genaueren Blick auf den jährlichen Fackelmarsch zu Ehren des bulgarischen Faschistenführers Hristo Lukov wirft Lara Schultz.

Tobias Hoff beschreibt das Gedenken an die „Waffen-SS“ und deren ungarische Verbündete am „Tag der Ehre“ in Budapest. 

Im Interview mit der deutsch-ungarischen Kulturwissenschaftlerin Magdalena Marsovszky geht es um den Geschichtsrevisionismus in der ungarischen Gesellschaft.

Mit dem Gedenkmarsch zur Ehrung der lettischen „Waffen-SS“ in Riga befasst sich Markus Tervooren von der VVN-BdA Berlin. 

Im Gespräch mit der Kampagne „NS-Verherrlichung stoppen“, mit der Antifa Sofia und mit Antifaschist_innen aus Budapest geht es um internationale Vernetzung und antifaschistische Interventionen.