Ostdeutschland rechtsaußen?!

Eine Einleitung in den Schwerpunkt

Bei der Betrachtung des öffentlichen und politischen Diskurses über „Rechtsextremismus“ dauert es nicht lange, bei dem Klischee zu landen, dieser sei doch vornehmlich ein „ostdeutsches“ Problem.

Bei der Betrachtung des öffentlichen und politischen Diskurses über „Rechtsextremismus“ dauert es nicht lange, bei dem Klischee zu landen, dieser sei doch vornehmlich ein „ostdeutsches“ Problem. Gerade in den 1990er Jahren waren die Bilder von Gewaltexzessen wie in Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda medial omnipräsent. Auch die Herausbildung einer gewaltbereiten neonazistischen Szene nach der Wiedervereinigung sorgte in vielen Regionen auf dem ehemaligen Gebiet der DDR für ein Klima der Angst, was in den letzten Jahren unter dem Namen „Baseballschlägerjahre“ von Betroffenen eindrücklich beschrieben wurde.
Spätestens nach den rassistischen Ausschreitungen in Heidenau, Freital oder Chemnitz, mit der Entstehung von PEGIDA sowie den Wahlerfolgen der AfD mit dezidiert völkisch-nationalistischen Landesverbänden in Thüringen und Sachsen zieht sich eine erneute Debatte um die Spezifika der extremen Rechten in „Ostdeutschland“ durch die letzten Jahre.

Auch innerhalb der extremen Rechten wird eine Diskussion geführt, ob westdeutsche „multikulturelle“ Großstädte „verloren“ seien und ob man sich im  Osten oder vielmehr in „Mitteldeutschland“ ansiedeln solle. Dabei wird eine Art Sehnsuchtsort vom Osten als das „deutschere Deutschland“ gezeichnet. Projekte wie die neonazistische Initiative Zusammenrücken sind ein Ausdruck dieser Entwicklung.

Gibt es „den Osten“ überhaupt oder bedarf es nicht vielmehr eines differenzierteren Blickes auf Entwicklungen in ländlichen und urbanen Räumen zwischen Ostsee und Sächsischer Schweiz? In dem vorliegenden Schwerpunkt wollen wir nach den Bedingungen fragen, auf denen der „Erfolg“ der Rechten im Osten gründet. Dabei geht es nicht um die altbekannte „westdeutsche Entlastungsstrategie“ einer Verlagerung des Problems „Rechtsextremismus“. Vielmehr möchten wir antifaschistischen Perspektiven und Stimmen aus dem Osten dabei einen Raum geben.
Im Opener des Schwerpunktes gibt Marcel Hartwig einen Überblick über
die Entwicklung und Wirksamkeit der extremen Rechten auf dem
Gebiet der ehemaligen DDR.

In Mittelsachsen hat sich in den vergangenen Jahren ein Netzwerk völkischer
Neonazi-Familien angesiedelt. Die dahinter liegende Strategie und Struktur
der „Initiative Zusammenrücken“ beleuchtet Johannes Grunert.

Sebastian Friedrich und Volkmar Wölk skizzieren die Entwicklung,
Erfolgsbedingungen und Grenzen der AfD im Osten. 

Mit zwei Vertreter*innen des Netzwerk Polylux hat Johannes Hartwig über
den Support und die Herausforderungen antifaschistischer Arbeit
in Ostdeutschland gesprochen.