„Reichsbürger“ unter der Lupe

Seien wir ehrlich: So richtig ernst genommen hat sie doch kaum jemand, diese „Reichsbürger“. Mit Ausnahme derjenigen vielleicht, die den NS verherrlichen und sich im neonazistischen Spektrum bewegen. Aber wenn ein als „Ufo“ vorgestellter Redner dazu aufgefordert, Personalausweise gegen selbst gebastelte Ausweise irgendeiner „Exilregierung“ oder irgendwelcher „Selbstverwalter“ einzutauschen, fällt es schon schwerer, dieses Milieu als gefährlich wahrzunehmen.

Einige wenige Beobachter_innen der „Reichsbürger“-Szenerie warnen hingegen schon lange vor der mit einer zunehmenden Zahl von Gewalttaten einhergehenden Entwicklung der Szene. Doch es bedurfte erst der tödlichen Schüsse auf einen Polizeibeamten in Georgensgemünd, um allmählich mit der Mär von den „harmlosen Spinnern“ aufräumen zu können. Andreas Speit, der sich seit Jahrzehnten mit der extremen Rechten beschäftigt, hat nun einen Sammelband herausgegeben, in dem er und elf weitere Autor_innen diese „facettenreiche, gefährliche Bewegung“ mit mehr als 12.000 Anhänger_innen unter die Lupe nehmen. Behandelt werden unter anderem die „Reichsideologie der extremen Rechten“, die Themen „Waffen in der Szene“ und „Antisemitismus im Milieu“ sowie die Frage, ob das „Reichsbürger“-Dasein eine reine „Männersache“ ist. Thematisiert werden auch die praktische Auseinandersetzung, der staatliche Umgang sowie internationale Aspekte. Das auch für Nicht­expert_innen gut lesbare Buch verschafft einen kompakten Überblick über die oft nur schwer zu fassende Reichsbürger-Szene und sei hiermit wärmstens empfohlen.

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