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AG Körperzucht und Gewalt

„Der III. Weg“ und Kampfsport

 Seit geraumer Zeit wird auf die zunehmende Bedeutung von Kampfsport für die extreme Rechte und die Herausbildung einer neonazistischen Kampfsport-Szene hingewiesen. Fester Bestandteil dieser Szene ist die Kleinstpartei „Der III. Weg“ mit ihrer Arbeitsgruppe „Körper & Geist“. Strukturen und Kämpfer der AG finden sich auch in der Grenzregion Siegerland (NRW)/Westerwald (RLP).

 Seit geraumer Zeit wird auf die zunehmende Bedeutung von Kampfsport für die extreme Rechte und die Herausbildung einer neonazistischen Kampfsport-Szene hingewiesen. Fester Bestandteil dieser Szene ist die Kleinstpartei „Der III. Weg“ mit ihrer Arbeitsgruppe „Körper & Geist“. Strukturen und Kämpfer der AG finden sich auch in der Grenzregion Siegerland (NRW)/Westerwald (RLP).„Wir sind bewusst keine einfache Sportgemeinschaft oder [ein] Freundeskreis, sondern Teil einer Bewegung zur völkischen Wiedergeburt unserer Nation.“ So die gewohnt pathetischen Worte aus dem Gründungspapier der AG Körper & Geist im Sommer 2018. Dass Der III. Weg eine „Arbeitsgruppe“ mit Schwerpunkt auf den Bereich „(Kampf-)Sport“ bildet, überrascht nicht. Schon seit Gründung der Kleinstpartei im September 2013 spielen ein nationalsozialistischer Körperkult und NS-Gesundheitsvorstellungen eine wichtige Rolle. Nicht zufällig stammen einige zentrale Kader und Akteure aus Strukturen wie der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), wo „körperliche Ertüchtigung“ von Kindern und Jugendlichen beziehungsweise deren paramilitärische Ausbildung fester Bestandteil war. Darüber hinaus entspringt Der III. Weg den „klassischen“ Strukturen der militanten „Freien Kameradschaften“, bei denen die Ausübung von Gewalt und auch das Trainieren von Kampfsport allgegenwärtig waren.

Kampfgruppe

Mit der AG Körper & Geist existiert eine parteiinterne Struktur, die sich mit Angeboten wie Wanderungen, Leistungsmärschen, Kraftsport, aber auch mit inhaltlichen Vorträgen zu gesunder Ernährung an ihre Mitglieder richtet. Wichtigster Bestandteil der Aktivitäten ist aber der Bereich Kampfsport. So werden „Selbstverteidigungskurse“ und Trainings (zum Teil auch für Kinder und Jugendliche) angeboten sowie in einigen Schwerpunktregionen wie Plauen (Sachsen) und zeitweise Erfurt (Thüringen) eigene kleinere Sportstätten und Trainingsräume für die Mitglieder betrieben. Aber die Aktivitäten richten sich nicht nur nach innen, auch in den Außendarstellungen und (halb-)öffentlichen Parteiveranstaltungen gehören sogenannte Kampfsportvorführungen und -darbietungen zur Inszenierung einer „wehrhaften deutschen Jugend“.
Mittlerweile als eine Art „Aushängeschild“ der AG Körper & Geist fungiert der aus der Region Fürth stammende Neonazi Kai Andres Zimmermann. Der 34-Jährige stammt aus den ehemaligen Strukturen des Freien Netzes Süd (FNS), die — um ein Verbot zu umgehen — weitestgehend in der Partei Der III. Weg aufgegangen sind. Der Kampfsportler Zimmermann fungierte zeitweise als „Gebietsleiter Süd“, ist aber in den letzten Jahren in erster Linie als Abgesandter für die AG Körper & Geist bei parteiinternen Veranstaltungen und Events der neonazistischen Kampfsport-Szene wie dem Kampf der Nibelungen (KdN), dem Tiwaz — Kampf der freien Männer oder auch dem Pro Patria-Fest in Griechenland und dem Force & Honneur in der Schweiz als Kämpfer in Erscheinung getreten.

Alte Bekannte

Als Der III. Weg den letztjährigen „Tag der Heimtreue“ im sauerländischen Olpe ausrichtete, gehörte auch hier neben Redebeiträgen, Infoständen und einer kleinen Musikperformance des NS-Rappers Makss Damage (aka Julian Fritsch) ein kleines öffentliches Selbstverteidigungstraining zum Programm. Bei der Durchführung dieses Trainings durch Kai Andres Zimmermann fiel ein bekanntes Gesicht aus der lokalen Parteistruktur mit einem T-Shirt der AG Körper & Geist auf. Dabei handelt es sich um Jan-Lukas Grech. Der 30-Jährige stammt aus dem rheinland-pfälzischen Westerwaldkreis und war dort Anfang der 2010er Jahre in der neonazistischen Skinhead-Szene aktiv, die unter dem Label Vereinte Skinheads (VS) auftraten. 2012 zog er in die Region Ansbach (Franken) um und von dort aus weiter nach Schweden, von wo aus er auch an neonazistischen Aufmärschen in Skandinavien teilnahm. Seit seiner Rückkehr — etwa 2017 — lebt er wieder in Hof (Westerwaldkreis/RLP) und ist seitdem als umtriebiger Aktivist der Partei Der III. Weg insbesondere bei deren „Stützpunkt Sauerland-Süd“ in Erscheinung getreten, pflegt aber auch seit geraumer Zeit gute Kontakte in das Netzwerk der neonazistischen „Bruderschaft“ der Hammerskin Nation (HSN). Grech, der in seiner Jugend als Ringer an Wettkämpfen teilnahm, trat als Vertreter der AG Körper & Geist beim neonazistischen Kampfsportturnier Tiwaz — Kampf der freien Männer am 8. Juni 2019 im sächsischen Zwickau in den Ring — ebenso wie sein alter Wegfährte Maximilian Schmitz aus dem Westerwald.

Wandlung

Grech und Schmitz sind seit Jahren fast immer Seite an Seite anzutreffen. Auch bei den Umzügen nach Franken und Schweden gab es die beiden stets im Doppelpack. Schmitz gehörte ebenfalls den Vereinten Skinheads an, die sich Anfang der 2010er Jahre teilweise aus einer sich immer weiter nach rechts radikalisierenden OI-Clique aus dem Raum Koblenz und dem Westerwald zusammensetzten. Gehörte dabei noch das Ausleben des „Skinhead-Kultes“ inklusive Saufgelagen zum Programm, hat Schmitz nach seiner Rückkehr aus Schweden in den Westerwald Anschluss an die dortigen Der III. Weg-Strukturen gefunden, den „gesunden Volkskörper“ für sich entdeckt und tritt nun als Kampfsportler für die AG Körper & Geist in den Ring. So kämpfte er nicht nur im Rahmen eines kleinen Kampfsportturniers beim Partei-Festival Jugend im Sturm am 7. Juli 2018 in Kirchheim (Thüringen), sondern auch 2018 und 2019 bei der Kampfsportveranstaltung Tiwaz in Sachsen. Ihre Kampfkünste setzten Grech und Schmitz allerdings nicht nur im Ring ein. So gehörten sie zu einer Gruppe von vier Neonazis um den Der III. Weg-„Gebietsleiter West“ Julian Bender, die sich im Juli 2019 vor Gericht wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verantworten mussten. Die Angeklagten sollen einen jungen Mann am Rande einer Kirmes in Hachenburg (Westerwaldkreis) durch Schläge und Tritte verletzt haben. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 500 Euro eingestellt.

Fester Bestandteil

Während die Partei Der III. Weg mit ihrem elitären Selbstverständnis in ihrer Gesamtausrichtung in Abgrenzung zu anderen Strukturen der Neonazi-Szene oftmals isoliert agiert, ist zu beobachten, dass sie innerhalb der neonazistischen Kampfsport-Szene durchaus als Teilakteur fungiert. Bei dem zentralen Event Kampf der Nibelungen (KdN) waren ganz selbstverständlich Kämpfer der Partei anzutreffen. Auch trat die AG Körper & Geist sowohl bei dem zweiten Tiwaz-Event als auch beim „Heureka-Kongress“ am 11. Mai 2019 in Guthmannshausen (Thüringen) als unterstützende Organisation mit Logo in Erscheinung. Insbesondere die Unterstützung des von der NS-Straight-Edge-Gruppe Wardon 21 ausgerichteten „Kongresses“ verdeutlicht die ideologischen Schnittmengen. Denn die von Wardon 21 propagierten Vorstellungen von einem „gesunden Geist in einem gesunden Körper“ bilden für den Der III. Weg und die AG Körper & Geist den maßgeblichen inhaltlichen Rahmen der Arbeit einer Partei, die im Kern eine bundesweit organisierte Struktur des militanten Neonazimus darstellt.

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