Besetzung des öffentlichen Raums

Die Straßenpolitik der AfD am Beispiel Ostwestfalen

Seit Herbst 2015 führte die AfD insgesamt 19 Demonstrationen und Kundgebungen in NRW durch, die überwiegende Mehrheit davon organisierten die AfD-Kreisverbände Warendorf und Paderborn. Gerade in der ostwestfälischen Domstadt entwickelte die AfD eine eigene Straßenpolitik.

Seit Herbst 2015 führte die AfD insgesamt 19 Demonstrationen und Kundgebungen in NRW durch, die überwiegende Mehrheit davon organisierten die AfD-Kreisverbände Warendorf und Paderborn. Gerade in der ostwestfälischen Domstadt entwickelte die AfD eine eigene Straßenpolitik.

Inspiriert wurden die ersten Demonstrationen der AfD in NRW im Herbst 2015 von den wöchentlichen „Spaziergängen“ in Erfurt mit bis zu 8.000 Personen. In den Kleinstädten Oelde und Salzkotten versammelten sich im November und Dezember nur wenige hundert DemonstrantInnen. Im Zuge der rassistischen Mobilisierungen nach den sexualisierten Übergriffen in der Silvesternacht 2015/16 stieg die Zahl der Teilnehmenden in Paderborn am 15. Januar 2016 zwar auf 800, in den folgenden Monaten sank sie jedoch kontinuierlich. Selbst als die AfD anlässlich einer Ansprache Merkels auf dem „Deutschlandtag“ der Jungen Union am 15. Oktober 2016 gegen die Politik der Kanzlerin mobilisierte, fiel diese Demonstration mit etwa 250 AnhängerInnen deutlich kleiner aus als die zu Beginn des Jahres. Zu einer als Wahlkampfauftakt für die Landtagswahlen 2017 deklarierten Kundgebung am 25.11.2016 in Paderborn kamen dann nur noch 60 Interessierte.

Als Organisatoren der von Januar bis Mai monatlich stattfindenden Demonstrationen trat der AfD Kreisverband (KV) Paderborn in Erscheinung, der dabei rege Unterstützung durch den KV Warendorf erhielt. Mehrfach traten der Vorsitzende des KV Warendorf, Christian Blex, als auch die Vorsitzenden aus Paderborn, Günter Koch und Minden-Lübecke, Thomas Röckemann, als Redner auf. Auch überregionale Parteiprominenz erklomm den als Bühne fungierenden Anhänger. Unter anderem sprachen die NRW-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell und Martin Renner sowie der Essener Stadt-
rat Guido Reil. Im Mai 2016 trat mit Björn Höcke der völkische Rechtsaußen der AfD als „Star“-Redner auf. Unter den TeilnehmerInnen, die Höckes Hetze gegen Geflüchtete und die Demokratie lauschten, befanden sich auch ehemalige Aktivisten der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend und der neonazistischen Artgemeinschaft.

An den ersten Demonstrationen der AfD Ende 2015 beteiligten sich Aktivisten der Partei Die Rechte und dominierten diese mit Nazi-Parolen, die auch von anderen TeilnehmerInnen aufgegriffen wurden. Bei ihrer zweiten Demonstration versuchte sich die AfD verbal von der militanten Naziszene abzugrenzen, indem Die Rechte-Funktionär Sascha Krolzig vom Anmelder medienwirksam ausgeschlossen wurde. Andere Nazis konnten jedoch ohne Probleme teilnehmen. Das Interesse der organisierten Nazis an den AfD-Demonstrationen verschwand jedoch schnell. Anlässlichdes Merkel-Besuchs beim Deutschlandtag der JU organisierte Die Rechte eine eigene unangemeldete Kundgebung zeitgleich zur AfD-Veranstaltung.

Der AfD in Ostwestfalen gelang es, sowohl rassistische WutbürgerInnen, verschwörungsideologische „Reichs-
bürger“, rechte Hooligans, PEGIDA-AktivistInnen, AnhängerInnen der Identitären Bewegung als auch militante Nazis für ihre Kundgebungen und Demonstrationen zu mobilisieren und sich als Teil einer rechten Bewegung und außerparlamentarischen Opposition gegen das „Establishment“ darzustellen.