F’AfD the police

Die AfD genießt Sympathien auch bei der Polizei

Valide Zahlen über AfD-Sympathisant\*innen bei der Polizei liegen nicht vor. Aber es häufen sich Vorfälle, die eine Nähe rechtsorientierter Polizist\*innen zur AfD verdeutlichen. Kein Wunder — die autoritären Law-and-Order-Parolen der Partei werden populistisch angereichert mit Lobeshymnen auf „unsere Polizei“. Mit der Folge, dass zunehmend auch Polizeibeamt\*innen mit Sympathien für die AfD in Erscheinung treten.

Valide Zahlen über AfD-Sympathisant*innen bei der Polizei liegen nicht vor. Aber es häufen sich Vorfälle, die eine Nähe rechtsorientierter Polizist*innen zur AfD verdeutlichen. Kein Wunder — die autoritären Law-and-Order-Parolen der Partei werden populistisch angereichert mit Lobeshymnen auf „unsere Polizei“. Mit der Folge, dass zunehmend auch Polizeibeamt*innen mit Sympathien für die AfD in Erscheinung treten.

Ende 2015 trug André Grashof von der „Volksinitiative verfassungskonforme Alimentation für alle Berliner Beamten“ bei einer Anhörung im Berliner Innenausschuss deren Anliegen für eine Lohnerhöhung vor: 20.000 Unterschriften hatte die Initiative dafür gesammelt. In der Anhörung erinnerte der Kriminalbeamte Grashof an die Tatsache, dass die Staatsdiener*innen bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 inklusive Angehörige ein Potenzial von 110.000 Wählerstimmen darstellen, eine Zahl die über „Sieg oder Niederlage“ entscheiden könne. Die frustrierten Beamt*innen könnten daher auch „zur Wahl einer Protestpartei“ neigen. Das ließ sich als deutliche Anspielung auf die AfD verstehen.

Auch im Amt häufen sich Sympathiekundgebungen: Im März 2016 parkte ein Streifenwagen bei einer AfD-Kundgebung in Jena. Die Beamten hatten eine Ausgabe des Compact-Magazins hinter der Windschutzscheibe geklemmt, auf dessen Cover Frauke Petry mit der Unterschrift „Die bessere Kanzlerin“ zu sehen war. Nach Medienberichten über den Vorfall wurden die Beamten versetzt.

Bemerkenswerte Einschätzungen zur AfD lassen sich aus einer Strafanzeige einer Berliner Polizeibeamtin und der „zeugenschaftlichen Äußerung“ ihres Kollegen herauslesen. Anlass war ein Einsatz im Oktober 2015 bei einer AfD- Kundgebung in Berlin, wo eine Gegendemonstrantin laut Polizeiangaben gegen das Vermummungsverbot verstoßen habe. In der Anzeige gegen sie wird die AfD aus polizeilicher Sicht als eine „bürgernahe und konservative Partei bewertet“. Nach einer Dienstaufsichtsbeschwerde eines Anwaltes erklärte die polizeiliche Beschwerdestelle: „Ich kann Ihnen versichern, dass die Polizei Berlin allen in unserem Land vertretenen und nicht verbotenen Parteien neutral gegenüber steht.“ Die Beamtin habe versichert, „dass ihre Äußerung keine politische Bewertung beinhaltet“. Erst auf Anfrage des Tagesspiegels hingegen erklärte der Berliner Polizeisprecher Stefan Redlich, dass die Bewertung „missglückt“ sei.

Rechtspopulistische Anbiederung

Die häufigen polizeilichen Sympathiebekundungen zur AfD verwundern nicht. Menschen, die sich in hierarchischen Systemen wohlfühlen, wie sie auch Polizeiapparate darstellen, können sich ebenso für repressive Strategien in der Politik begeistern. Schon Ende der 1980er Jahre wurden Zahlen zu überdurchschnittlichen polizeilichen Affinitäten zu den Republikanern veröffentlicht. Rechtspopulistische Parteien wie REP, Bund freier Bürger, Die Freiheit und besonders die Schill-Partei haben sich seit jeher mit rechten Law-and-Order-Parolen bei der Polizei angebiedert. Auch bei der AfD gibt es keine Kundgebung und keinen Parteitag ohne ausschweifende Lobeshymnen auf „unsere Polizei“.

Programmatisch tritt die AfD als autoritäre und rechte Ordnungskraft in Erscheinung. In ihrem Wahlprogramm fordert die Partei unter dem Kapitel „Innere Sicherheit“ zur „wirksamen Bekämpfung der Ausländerkriminalität“ eine „zwingende Ausweisung auch schon bei geringfügiger Kriminalität“. Auch Ausbürgerungen sollen ermöglicht werden „bei erheblicher Kriminalität

[…], bei Mitwirkung in Terrororganisationen (z.B. IS), bei Zugehörigkeit zu kriminellen Clans und zwar auch dann, wenn die Rücknahme der Einbürgerung zur Staatenlosigkeit führt“. Hierzu sei Art. 16 Abs. 1 GG entsprechend zu ändern.

Hier offenbart sich das völkische Staatsbürgerschaftsverständnis der AfD. Denn ausgebürgert werden kann nur jemand, der oder die Deutsche/r ist. Dass die Forderung jedoch unter „Ausländerkriminalität“ verhandelt wird, zeigt, dass für die AfD auch ein/e eingebürgerte/r deutsche/r Staatsbürger*in weiterhin als „Ausländer“ gilt. Zweitens ist diese Forderung grundgesetzwidrig, weshalb die AfD folgelogisch auch das Grundgesetz dahingehend verändern will. Ausbürgerung missliebiger eigener Staatsbürger*innen war Praxis zur Zeit der NS-Herrschaft. Im Jugendstrafrecht plädiert die AfD für Verschärfungen in Form von Absenkung des Strafmündigkeitsalters auf zwölf Jahre und die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts mit dem Erreichen der Volljährigkeit. Genau diese Forderungen stellt beispielsweise die Deutsche Polizeigewerkschaft schon seit Jahren.

Der Reform der Polizei ist ein eigenes Unterkapitel gewidmet. Dort heißt es: „Die öffentliche Sicherheit ist trotz großen persönlichen Einsatzes der Polizeibeamten in Bund und Ländern nicht angemessen gewährleistet: Personalmangel, strukturelle Unzulänglichkeiten, unzureichende Ausrüstung und Bewaffnung treffen auf schlechte Bezahlung und zum Teil empörend miserable soziale Absicherung.“ Gefordert wird unter anderem: „Neustrukturierung der Bundespolizeien unter einheitlicher Führung“, „gleiche Besoldung bundesweit durch eine eigene Besoldungsordnung für Polizei“ sowie „bezahlte Überstunden“. Die AfD versucht, sich als eine die Polizei in jeder Hinsicht unterstützende Partei zu inszenieren und damit zugleich ihre menschen- und demokratiefeindlichen Stoßrichtungen zu kaschieren.

Polizist*innen in der AfD

In der Positionierung zu Eingewanderten und Geflüchteten werden rassistische und autoritäre Haltungen in der AfD deutlich sichtbar. Gerade Polizist*innen, die für die rechtspopulistische Partei in Erscheinung treten, weisen dies auf — so etwa auf der Landeswahlversammlung der AfD im Dezember 2016 in Euskirchen. Dort stellte sich Dietmar Gedig, AfD-Kreisvorstandsmitglied in Solingen und stellvertretender Sprecher des NRW-Landesverbands der Jungen Alternative, als Kandidat für die Landtagswahlen in NRW vor. Der Polizeibeamte suchte mit markigen Worten um Zustimmung, indem er die Bundeskanzlerin Merkel in Bezug auf die Aussetzung des Dublin-Abkommens im Sommer 2015 als „wahnsinnig“ und „kriminell“ bezeichnete. Auch Justizminister Heiko Maas gehöre weggesperrt. Der frühere Kriminalhauptkommissar Mario Lehmann ist AfD-Abgeordneter im Parlament von Sachsen-Anhalt. In einer Landtagsdebatte bezeichnete er Migranten als „Ficki-Ficki-Fachkräfte“. Mit Lars Herrmann zieht auf der sächsischen Landesliste ein Oberkommissar der Bundespolizei für die AfD in den Bundestag ein. In Einsätzen am Flughafen in Frankfurt am Main hat er nach eigener Darstellung die „Ausreise, in der Hauptsache von nordafrikanischen Staatsangehörigen, tatkräftig mit realisiert“. Er fordert eine unverzügliche Abschiebung von Ausländern ohne Aufenthaltserlaubnis — auch ohne finanzielle Anreize, „da dies noch mehr Begehrlichkeiten“ wecken könne. Im Hinblick auf Straftäter plädiert er für „Abschreckung, Vergeltung, Sühne und Wiedergutmachung statt Kuscheljustiz“. Etwas moderater drückt sich sein Leipziger Parteifreund Christoph Neumann aus, der nun ebenfalls im Bundestag sitzt und zudem Mitglied der Programmkommission der AfD in Sachsen und auf Bundesebene ist. Doch auch Neumann, der als Polizeibeamter im Bundesgrenzschutz Berlin gearbeitet hat, will „die Grenzen besser schützen und Einwanderung stärker regulieren“.

Sympathien für Rechtsaußen

Das sieht der sächsische Polizeibeamte Karsten Hilse, nun ebenfalls AfD-Bundestagsabgeordneter, genau so. Er fordert, dass an den Grenzen wieder Bundespolizisten stehen und die Bundeswehr die Grenzen sichern solle: „Unbegrenzte und unkontrollierte Aufnahme und Einwanderung ist gefährlich.“ Auf einer AfD-Veranstaltung in Bautzen behauptete er, dass 90 Prozent seiner Polizeikollegen die AfD wählen würden — anschließend dementierte er diese Einschätzung. Dienstliche Folgen hatte die Äußerung jedoch nicht. Die Polizeikommissarin Verena Hartmann arbeitete ein Jahr im Streifendienst der Polizei Berlin, wurde Oberkommissarin und Wachleiterin und war bis 2003 Sachbearbeiterin im Controlling der Polizei: Auf Platz 9 der sächsischen AfD-Landesliste gesetzt, hat die Polizeibeamtin nun auch ein Bundestagsmandat inne. Laut Bericht der Zeit wehrt sich Hartmann gegen die „Nazi-Keule“ gegen ihre Partei und spricht sich „gegen eine Willkommenskultur für Menschen aus dem arabischen Raum“ aus. Ganz im rechtspopulistischen Sprachduktus kündigte sie an: Die „Altparteien jagen wir vor uns her.“ Nikolas Kramer war bis 2016 Polizeioberkommissar in Anklam, jetzt sitzt er für die AfD im Schweriner Landtag. Sympathie hat er laut Recherche der Zeitung Die Welt u.a. für die Identitäre Bewegung.

Entgegen ihrer Law-and-Order-Parolen fallen Polizist*innen in der AfD wiederholt mit gegenteiligen Aktivitäten auf. So durchsuchte die Polizei die Büro- und Wohnräume des AfD-Politikers Bodo Suhren aufgrund des Verdachts der Weitergabe von Dienstgeheimnissen. Der niedersächsische Polizeibeamte ist Mitglied im Bundesvorstand der AfD und soll interne Informationen der Polizei und laut Recherchen des NDR Zahlen zu Flüchtlingen an seine Partei weitergeleitet haben. Er war bei der Polizei schon vor einiger Zeit in die Abteilung für Schadensregulierung versetzt worden, nachdem im März bekannt geworden war, dass er seine polizeiliche Mailadresse dazu benutzt hatte, Parteiangelegenheiten zu regeln. Dies ist kein Einzelfall: Schon im Oktober 2015 leitete die Berliner Polizei ein Verfahren gegen einen Polizisten ein, der damals gleichzeitig Vorstandsmitglied der AfD im Landkreis Havelland war. Er hatte laut Bericht des NDR bei der Demo eines PEGIDA-Ablegers ein Plakat mit der Aufschrift getragen „Antirassismus, weltoffen, bunt, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid — Europa den Europäern”. Daraufhin wurde der Beamte suspendiert.

Nach der „Machtübernahme“

Pikante Details brachte im Juni 2017 die Veröffentlichung auf der Internetplattfom Indymedia von Chatverläufen einer WhatsApp-Gruppe der AfD Sachsen-Anhalt zutage, in der auch ein Bundespolizist und ein Zöllner kommunizierten, die nun jeweils ein Disziplinarverfahren erwartet. Als ersterer schrieb, dass er seine Kindern „nicht dem Muselmanenglaube“ überlassen werde und er beabsichtige, „privat einen Waffenschein zu machen“, antwortete ihm letzterer: „Zusammenhalt! mit Waffen und ohne!“ Der Polizist, der unter anderem den Einsatz von Pfefferspray im Wasserwerfer als „Zeckendusche“ bezeichnet hatte, forderte in dem Chat, Journalisten nach der „Machtübernahme“ zu „sieben und auszusortieren“. Scherzhaft bot er sich an, unter einem „Kanzler Poggenburg“ als Innenminister zur Verfügung zu stehen. André Poggenburg ist Vorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt und zählt zum radikal rechten Flügel der AfD. In einer Weihnachtsbotschaft 2014 empfahl er auf Facebook seiner Leserschaft, über ihre „Verantwortung für die Volksgemeinschaft“ nachzudenken — ein wahrlich bemerkenswerter Wunsch-Kanzler für Polizeibeamt*innen…