Terrorismus, Rechtsterrorismus, politische Gewalt

Versuch einer Begriffsbestimmung

Wer über Rechtsterrorismus in Deutschland spricht, sollte sich nicht nur auf das herausragende Beispiel des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) beschränken. Rechtsterroristische Gewalt ist in der Bundesrepublik seit den 1970er Jahren ein wiederkehrendes Phänomen. Doch welche Taten sind überhaupt als rechtsterroristisch zu kennzeichnen?

Wer über Rechtsterrorismus in Deutschland spricht, sollte sich nicht nur auf das herausragende Beispiel des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) beschränken. Rechtsterroristische Gewalt ist in der Bundesrepublik seit den 1970er Jahren ein wiederkehrendes Phänomen. Doch welche Taten sind überhaupt als rechtsterroristisch zu kennzeichnen?

Was unter Rechtsterrorismus zu fassen ist, ist wissenschaftlich wie politisch stark umstritten. Weder gibt es einen Konsens über die Definition von Rechtsterrorismus im Speziellen, noch über Terrorismus im Allgemeinen. Teilweise wird die Brauchbarkeit eines Terrorismusbegriffs unter Verweis auf die Redewendung „Des Einen Terroristen ist des Anderen Freiheitskämpfers“ ganz und gar abgelehnt. Je nach außenpolitischer Interessenlage änderte sich die Bewertung einzelner Gruppen sogar innerhalb weniger Jahrzehnte. Trotzdem ist es sinnvoll, einen analytischen Begriff von (Rechts-)Terrorismus zu entwickeln.

Abgrenzungen

Die wissenschaftliche Terrorismusdiskussion grenzt zumeist Terrorismus zuallererst von Guerillakriegsführung ab. Guerilla ist eine irreguläre aufständische Armee, die gegen die regulären Streitkräfte eines Staates mit dem Ziel kämpft, ein Territorium zu kontrollieren. Terrorist*innen hingegen machen sich in der Regel keine Illusionen darüber, den Staat unmittelbar bezwingen zu können. Ihnen geht es nicht um territoriale Kontrolle, sondern um die (psychologische) Wirkung ihrer Taten. Viele Forscher*innen charakterisieren Terrorismus als Strategie relativ kleiner und schwacher Gruppen.

Terrorismus ist eine Gewaltstrategie von nicht-staatlichen Akteur*innen. In Abgrenzung dazu werden Mord und Folter durch Organe des Staates für gewöhnlich als Staatsterror bezeichnet. Hier liegt auch der Ursprung des Wortes Terror: Als „terreur“ bezeichnete Maximilien de Robespierre die massenhafte Verfolgung und Hinrichtung politischer Gegner*innen durch seine Jakobiner-Herrschaft 1793/1794 im nachrevolutionären Frankreich.

Die internationale Forschung betont den Botschaftscharakter terroristischer Gewalt: Nach Ansicht der Politikwissenschaftlerin Martha Crenshaw verfolgt terroristische Gewalt ein Ziel, das über die Beschädigung der materiellen Ressourcen des Feindes hinausgeht. Forscher wie Peter Waldmann betonen, dass es sich beim Terrorismus zuvorderst um eine „Kommunikationsstrategie“ handelt, bei der die Gewalt „als ein Mittel, eine Art Signal eingesetzt [wird], um einer Vielzahl von Menschen etwas mitzuteilen.“ Terroristische Anschläge sollen Angst und Schrecken unter den erklärten Feinden und potentiellen Opfern verbreiten, zugleich aber auch Sympathie und Unterstützungsbereitschaft in Teilen der Bevölkerung erzeugen. Auch die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Louise Richardson betont, dass Gewaltakte und Opfer für gewöhnlich eine hohe symbolische Bedeutung haben, etwa wenn Repräsentant*innen aus Politik oder Wirtschaft angegriffen oder Anschlagsziele wie das World Trade Center gewählt werden.

Die Opfer der Gewalt und das von den terroristischen Täter*innen adressierte Publikum sind nicht gleichzusetzen. Das Zielpublikum, dessen Verhalten beeinflusst werden soll, ist größer und umfassender als die Opfergruppe; üblicherweise richtet man sich an die Regierung, den Staat oder aber auch die gesamte Bevölkerung. Eine terroristische Strategie reicht über den konkreten Angriff hinaus. Ein Beispiel hierfür ist das aus den USA importierte rechtsterroristische Konzept, nicht die staatlichen Institutionen direkt zu attackieren, sondern mit Anschlägen und Attentaten gegen Minderheiten einen „Rassenkrieg“ (race war) zu provozieren, der schließlich in einem offenen Bürgerkrieg und in „ethnischen Säuberungen“ münden und zugleich die bestehende staatliche Ordnung stürzen soll. Der britische Neonazi David Copeland, der 1999 in London mehrere Nagelbombenanschläge gegen Migrant*innen und Homosexuelle verübte, wollte nicht nur die Opfergruppen treffen und sie in Angst und Schrecken versetzten, sondern nach eigenen Angaben auch einen solchen „race war“ herbeiführen.

Fanal-Charakter und Konspirativität

Wie kann aber Terrorismus von anderen Formen politischer Gewalt unterschieden werden? Eine Abgrenzung kann über den Schweregrad der Gewalt erfolgen. In den Worten von Waldmann müssen terroristische Gewaltanschläge „schockierend“ sein, so etwa besonders spektakuläre Attentate — wie beispielsweise der Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest im September 1980, der nach heutiger Deutung ein „Fanal“ setzen sollte. Zum anderen dürfe terroristischen Taten ein gewisses Maß an Planung und Vorbereitung zugesprochen werden. Sie sind also abzugrenzen von (auch tödlicher) Gewalt, die spontan aus einer Gelegenheit heraus entsteht. Auch Straßengewalt wie Riots, die ein unmittelbares Angriffsziel haben, stellen keinen Terrorismus dar. Die Vorbereitung terroristischer Taten geschieht konspirativ. Damit ist nicht gemeint, dass die Gewaltakteur*innen zwangsläufig im „Untergrund“, also aus der Illegalität heraus agieren, aber sie halten ihre konkreten Tatvorbereitungen (erst einmal) geheim.

Mit diesen Abgrenzungen stellt sich die berechtigte Frage, ob die teils massive, vielfach auf Einschüchterung und Vertreibung zielende Gewaltpraxis von Neonazi-Kameradschaften als terroristisch gelten kann. Am Beispiel der verbotenen Kameradschaft Aachener Land zeigt sich, dass die Strategie gewaltsamer Einschüchterung politischer Gegner*innen in Verbindung mit meist „spontan“ entstehenden Angriffen auf Menschen auch in einer offen agierenden Gruppe umgesetzt wird. Andererseits bildete sich innerhalb der KAL um das Jahr 2010 ein Personenkreis heraus, der Bombenattrappen und Sprengkörper aus Pyrotechnik baute, um sie gegen politische Gegner*innen einzusetzen. Möglicherweise war dieser Kreis auf dem Weg in Richtung Rechtsterrorismus.

Akteur*innen terroristischer Gewalt können auch Einzelpersonen sein. US-amerikanische Neonazis und „White Supremacists“ prägten für diesen Typus des allein handelnden Täters den Begriff „lone wolf“. Bekannte Einzeltäter sind beispielsweise Eric Robert Rudolph (USA), der „Laserman“ John Ausonius (Schweden, vgl. LOTTA #68), Frank Steffen (Deutschland, vgl. LOTTA #63) oder Anders Behring Breivik (Norwegen). Dass diese Personen alleine und ohne Auftrag einer Organisation handelten, bedeutet aber nicht, dass sie zwangsläufig auch isoliert waren. Die große Mehrzahl der bekannten Täter politisierte sich in den Netzwerken der extremen Rechten und war zeitweise auch Mitglied einer Gruppierung. Vielfach lässt sich auch die Frage nach der Existenz partieller Mitwisser*innen oder Unterstützer*innen rückwirkend nicht mehr beantworten.

Spezifika des Rechtsterrorismus

Die wissenschaftliche Forschung hat ihre Definitionen über Terrorismus vor allem anhand von Gruppen wie der IRA oder der ETA entwickelt. In den vergangenen 20 Jahren stand zudem der islamistisch motivierte Terrorismus im Vordergrund. Forschungen zum Rechtsterrorismus gibt es bislang eher selten und in zahlreichen Überblicksdarstellungen zum Terrorismus fehlt er sogar ganz. Viele Forscher*innen betrachten Rechtsterrorismus als „Grenzfall“. Denn dieser, so argumentiert beispielsweise Waldmann, richte sich, anders als Terrorismus üblicherweise, nicht gegen die bestehende Ordnung, sondern verteidige „eine bestehende Ordnung außerhalb und unter Missachtung der Gesetze gegen angebliche Abweichler und Störenfriede.“ Dieses Phänomen wird auch mit dem Begriff des Vigilantismus bezeichnet und hat im Hinblick auf die massive Gewaltwelle des KuKluxKlan (KKK) in den 1950er und 1960er Jahren in den USA seine Berechtigung. Dem KKK ging es darum, die rassistische Sozialordnung der Südstaaten aufrecht zu erhalten. Die Täter*innen konnten sich vielfach der Duldung, teils auch der Mitwirkung der örtlichen Polizeikräfte und sonstiger Autoritäten sicher sein.

Für den Rechtsterrorismus seit den 1970er Jahren in Deutschland trifft dies nicht unbedingt zu. Einzelne Täter*innen wollten zwar die Bundesrepublik gegen den drohenden Kommunismus oder den befürchteten Einmarsch sowjetischer Truppen verteidigen. Doch Gruppen wie der Zusammenschluss um den Braunschweiger Rechtsterroristen Paul Otte Ende der 1970er Jahre oder die „Hepp-Kexel-Gruppe“ in den frühen 1980er Jahren zielten explizit gegen das System der Bundesrepublik und ihre Repräsentant*innen. So griff die „Otte-Gruppe“ mit Sprengstoffanschlägen Gerichtsgebäude an, die „Hepp-Kexel-Gruppe“ führte Anschläge gegen in Deutschland stationierte US-Soldaten durch. Auch die Deutschen Aktionsgruppen um Manfred Roeder griffen 1980 zwar vorrangig Migrant*innen an, sahen sich aber nicht als Verteidiger der bestehenden Ordnung, sondern wollten ihre Vorstellungen einer nationalsozialistischen und rassistischen Gesellschaft umsetzen.

„Leaderless resistance“

In den 1990er Jahren rezipierten deutsche Neonazis verstärkt das von „White Supremacists“ in den USA entwickelte terroristische Konzept des „leaderless resistance“. Dieses erstmals in den 1980er Jahren von Louis Beam formulierte Konzept sieht die Abkehr von einer hierarchischen Organisationsstruktur mit einer nachvollziehbaren Befehlskette vor. Stattdessen sollen kleine Zellen selbstständig agieren und keinem übergeordneten Kommando unterstellt sein. Schon in den 1970ern hatte die NSDAP-Aufbauorganisation (NSDAP-AO) um den US-Neonazi Gary Lauck die Devise herausgegeben, autonom agierende Zellen mit regionalen Führern aufzubauen. Dies wurde auch in Deutschland umgesetzt. Über Veröffentlichungen von Blood & Honour und die Romane von William Pierce erreichten solche Ideen ein breites Szenepublikum in Deutschland. Ausdruck dieser Strategie kann auch sein, dass die Urheberschaft für Anschläge — wie beim NSU — bewusst im Unklaren belassen wird. Keine neue Vorgehensweise im Übrigen, auch in den 1970er und 1980er Jahren verzichteten rechtsterroristische Gruppen bewusst und kalkuliert auf Bekennerschreiben, um es „den Linken in die Schuhe zu schieben“.

Dass Neonazis in aller Regel keine langen Bekenntnisschreiben veröffentlichen, kann auch daran liegen, dass sie davon ausgehen, ihre Tat erkläre sich selbst. Dazu passt, dass es im Neonazismus auch keine grundsätzlichen Diskussionen über die Legitimität von Gewalt und „bewaffnetem Kampf“ gibt. Gewalt ist schlicht eine mögliche Option, deren Einsatz zwar taktischen Erwägungen, aber keinen moralischen Beschränkungen unterliegt. Sie ist fester Bestandteil der extrem rechten Weltanschauung. Auch vor Gericht verzichten extrem rechte Gewalttäter*innen vielfach darauf ihre Tat zu erklären. Statt den Gerichtsaal als politisches Podium zu nutzen, ziehen viele es vor — sicherlich mit Blick auf ein milderes Urteil -, für ihre Tat “unpolitische“ Gründe vorzuschieben.

Die Sicht der Behörden

Im Zusammenhang mit den rassistischen Mobilisierungen gegen Geflüchtete und Migrant*innen stieg die Zahl der politisch rechts motivierten Gewaltdelikte massiv an. Gegenüber 2013 haben sich die in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Taten im Jahr 2016 mit 1.698 Gewaltdelikten verdoppelt. 2017 sank die Zahl allerdings wieder um 33 Prozent. Die Mehrzahl der Taten wurde von den Behörden als „fremdenfeindlich“ kategorisiert. Ähnlich der rassistischen Gewalt der frühen 1990er Jahre bewegen sich die zahlreichen Angriffe, beispielsweise auf Flüchtlingsunterkünfte, in einem Graubereich, in dem es kaum möglich ist, zwischen „Rechtsterrorismus“ und „extrem rechter Gewalt“ zu unterscheiden. Häufig ist über die Täter*innen noch nicht viel bekannt, ebenso wenig, ob organisierte Gruppen agierten, die eine terroristische Strategie verfolgen. Gerade wenn „Bewegung“ und „Gewalt“ eng miteinander verknüpft sind, ist eine Unterscheidung schwierig. Sie kann sogar kontraproduktiv sein, weil sie eine Hierarchie der Gewalt konstruiert. Selten werden die Taten neonazistischer Gruppen behördlicherseits so klar dem Terrorismus zugerechnet wie im Falle der Gruppe Freital, deren Mitglieder im März 2018 nach §129a StGB („Bildung bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“) zu Haftstrafen verurteilt wurden. Die Gruppe hatte in der gleichnamigen sächsischen Kleinstadt unter anderem einen Sprengstoffanschlag auf ein bewohntes Flüchtlingsheim begangen.

Die Statistik, die seit 2001 insgesamt 36 Verfahren ausweist, hilft nicht weiter, um den Rechtsterrorismus zu quantifizieren. Im Vergleich zur internationalen Forschung arbeiten die deutschen Sicherheitsbehörden mit einem recht starren Terrorismusbegriff, der angesichts der Dynamik des Phänomens an seine Grenzen gerät. Nach der sich am §129a StGB orientierenden Definition der Behörden musste sich Terrorismus nämlich lange Zeit explizit gegen den Staat und seine gesellschaftliche Ordnung richten, worunter rechtsterroristische Taten häufig nicht gezählt wurden. Erst 2006 stellte der Bundesgerichtshof in der Überprüfung eines Urteils gegen Mitglieder des Freikorps Havelland fest, dass schwere Gewalttaten auch dann als terroristisch zu werten sind, wenn „nur“ ein nennenswerter Teil der Bevölkerung, in diesem Fall Migrant*innen, eingeschüchtert werden sollen. Außerdem war es zwangsläufig notwendig, dass mindestens drei Personen eine terroristische Gruppe bildeten, was Zweiergruppen und einzelne Täter automatisch ausschloss. Erst der 2009 eingeführte §89a StGB („Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat“) stellt bereits die zur Begehung eines terroristischen Anschlags notwendigen und ausdrücklich auch durch eine Einzelperson zu tätigenden Vorbereitungshandlungen unter Strafe.

Abgesehen von der Gruppe Freital und dem NSU ist seit 2011 bislang nur gegen die Old School Society (OSS) eine Anklage nach §129a ergangen. Im März 2017 wurden vier Führungspersonen der OSS durch das Oberlandesgericht München verurteilt. Anschläge hatten die Neonazis nicht durchgeführt, auch eine konkrete Anschlagsplanung konnte ihnen nicht nachgewiesen werden, die Gruppe hatte sich aber Sprengstoff besorgt und in Chats über Anschläge gesprochen (vgl. LOTTA # 59). Für Beobachter*innen stellte sich allerdings die Frage, inwiefern sich die OSS von zahlreichen anderen militanten Neonazigruppen unterscheidet, deren Taten aber nicht als terroristisch klassifiziert wurden.

Politische Schwerpunktsetzung

Den 36 Verfahren gegen Neonazis stehen 1.631 Verfahren mit einem „ausländerextremistischen“ bzw. islamistischen Terrorismushintergrund im gleichen Zeitraum gegenüber. Diese hohe Fallzahl ist nicht nur dem Umstand geschuldet, dass gegen zahlreiche Islamist*innen wegen ihrer Betätigung für Gruppen wie den Islamischen Staat in Syrien ermittelt wird und es tatsächlich in diesem Milieu ein großes Potential für Gewalttaten gibt. Sie offenbart auch eine politische Schwerpunktsetzung. So wird die Messerattacke eines Islamisten fast unweigerlich als terroristisch klassifiziert. Die Tat eines Mannes, der im Februar 2018 in Heilbronn unvermittelt eine Gruppe Geflüchteter mit einem Messer attackierte, drei von ihnen verletzte und später gegenüber der Polizei erklärte, er habe ein Zeichen gegen die Flüchtlingspolitik setzen wollen, gilt aber nicht als terroristisch. Noch immer wird in vielen Fällen den Täter*innen, beispielsweise David Ali Sonboly, der am 22. Juli 2016 in München neun Menschen erschoss, nicht bloß eine terroristische, sondern jegliche politische Motivation abgesprochen.

Der Verfassungsschutz sieht zwar mittlerweile in Deutschland ein rechtsterroristisches Potential, behauptet aber zugleich, dass die Täter*innen „weit überwiegend nur eine relativ oberflächliche Anbindung an gefestigte Strukturen“ aufweisen und „in der Regel eher einem diffusen, von der Selbstradikalisierung über das Internet geprägten rechtsextremistischen Weltbild“ anhängen würden.

Rechtsterrorismus und andere Formen rechter Gewalt

Trotz der Schwierigkeiten, eine für alle Fälle anwendbare Definition zu schaffen, sollte am Rechtsterrorismus-Begriff festgehalten werden. Daraus folgt aber nicht, dass Rechtsterrorismus automatisch die schwerwiegendste und bedrohlichste Form rechter Gewalt ist. Die Mehrzahl der Opfer sind nicht bei rechtsterroristischen Anschlägen verletzt oder getötet worden, sondern im Zuge anderer extrem rechts oder rassistisch motivierter Angriffe. Genauso führt es in die Irre, Rechtsterrorismus als ein Phänomen zu beschreiben, dessen Akteur*innen von der Dynamik extrem rechter Milieus abgekoppelt sind. David Begrich hat darauf hingewiesen, dass eine Gruppe wie der NSU nur aus der „Kontinuität neonazistischer Kernmilieus“, die „im Dreieck zwischen neonazistischer Gruppengewalt, jugendkulturellen Ausdrucksformen und politischer Intervention“ agierten, verstanden werden könne. Den Nährboden für schwere Gewalttaten von rechts bilden unter anderem die rassistisch aufgeladenen Debatten um Migration und Asyl — das gilt für die 1990er Jahre wie für heute.