Mitglieder des Zentralkomitees der befreiten Juden der britischen Zone in Bergen-Belsen 1947. 5. v. .l Norbert Wollheim.
Yad Vashem

„Wir sind gerettet, aber nicht befreit“

Jüdische Selbstbehauptung und Proteste gegen Antisemitismus in der frühen BRD

In der frühen Bundesrepublik waren Jüdinnen\*Juden vielfach mit antisemitischer Ausgrenzung, Marginalisierung und Kriminalisierung konfrontiert. Ihr Widerstand gegen diese Zumutungen der postnationalsozialistischen Gesellschaft, das Anprangern des fortwährenden Antisemitismus und die zähen, institutionellen, nicht selten aber auch aktivistischen Kämpfe um Anerkennung und Selbstbehauptung, sind heute, zumindest in der Dominanzgesellschaft, weitgehend in Vergessenheit geraten.

In der frühen Bundesrepublik waren Jüdinnen*Juden vielfach mit antisemitischer Ausgrenzung, Marginalisierung und Kriminalisierung konfrontiert. Ihr Widerstand gegen diese Zumutungen der postnationalsozialistischen Gesellschaft, das Anprangern des fortwährenden Antisemitismus und die zähen, institutionellen, nicht selten aber auch aktivistischen Kämpfe um Anerkennung und Selbstbehauptung, sind heute, zumindest in der Dominanzgesellschaft, weitgehend in Vergessenheit geraten.

Auf dem Vorplatz des Neuen Israelitischen Friedhofs in München spielten sich am Nachmittag des 18. August 1952 tumultartige Szenen ab. Tausende Menschen, vorwiegend Jüdinnen*Juden, die meisten von ihnen Überlebende der Shoah, hatten sich versammelt, um von Philipp Auerbach Abschied zu nehmen. Der vormalige Staatskommissar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte in Bayern hatte sich am 16. August das Leben genommen, nachdem er vom Münchner Landgericht in einem von antisemitischen Ressentiments aufgeladenen Verfahren wegen vermeintlicher Bestechung, Untreue, Amtsunterschlagung und dem fälschlichen Führen eines akademischen Doktortitels zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden war.

Die Trauerveranstaltung entwickelte sich zu einer sichtbaren und lautstarken Demonstration gegen den – NS-belasteten – Richter Josef Mulzer sowie den bis wenige Wochen zuvor amtierenden Bayerischen Justizminister Josef Müller (CSU), die viele der Teilnehmenden für den Tod Auerbachs verantwortlich machten. Als Polizisten einige der mitgeführten Transparente beschlagnahmen wollten, kam es zu einem Handgemenge. Die Polizei setzte Schlagstöcke und einen Wasserwerfer gegen die Menschenmenge ein und stürmte den jüdischen Friedhof, der wie es später mit großer Zufriedenheit in einem Einsatzbericht hieß, erfolgreich „gesäubert“ wurde.

Die „Affäre Auerbach“, die auch international große Aufmerksamkeit erfuhr, kann als ein schillerndes, wenngleich keineswegs singuläres Beispiel für den gesellschaftlich und institutionell verbreiteten Antisemitismus in der frühen Bundesrepublik gelten.

„Keine Almosen“

Jüdinnen*Juden, wie etwa der Frankfurter Rabbiner Leopold Neuhaus verwahrten sich dagegen, lediglich als Empfänger*innen von „Almosen“ zu firmieren. Sie forderten systematische Restitutionen, umfassende Entschädigungsleistungen und eine konsequente Entnazifizierung. Norbert Wollheim, der im IG Farben-Lager Auschwitz-Monowitz hatte Zwangsarbeit leisten müssen und seit September 1945 als zweiter Vorsitzender des Zentralkomitees der befreiten Juden in der britischen Zone amtierte, notierte in einem Brief im August 1945: „Wir sind gerettet, aber nicht befreit“, und verlieh damit den Wahrnehmungen zahlreicher Überlebender Ausdruck.

Die Gesellschaft der Überlebenden der Shoah war indessen keineswegs homogen. Die Menschen, die dem präzedenzlosen Verbrechen entkommen waren, vielfach an körperlichen und psychischen Folgen litten und oftmals ihre Angehörigen verloren hatten, unterschieden sich im Hinblick auf ihre geografische und soziale Herkunft, ihre politischen und religiösen Orientierungen und entwickelten unterschiedliche Perspektiven für die Zukunft. Zunächst waren da die rund 15.000 als Jüdinnen*Juden verfolgte Deutsche, die die Shoah in Verstecken oder in so genannten ‚Mischehen‘ mit nichtjüdischen Partner*innen überlebt hatten. Weitere 9.000 jüdische Deutsche kehrten aus den außerhalb des vormaligen Reichsgebietes gelegenen befreiten Konzentrationslagern zurück. In den folgenden Jahren remigrierten zudem 6.000 Jüdinnen*Juden, die rechtzeitig vor der Verfolgung hatten fliehen können, in die entstehende Bundesrepublik.

Trotz aller religiöser und weltanschaulicher Differenzen, dominierte in dieser Gruppe das Bestreben, in Deutschland wieder ein jüdisches Gemeindeleben zu etablieren. Eine zentrale Forderung, die etwa auch von Philipp Auerbach erhoben wurde, bezog sich daher auf die Rückgabe bzw. die Kompensation des in der NS-Zeit geraubten Gemeindeeigentums an die neu entstehenden Gemeinden.

Das Entstehen einer „vitalen jüdischen Kultur“

Eine weitere, ungleich größere Gruppe bildeten die bis zu 70.000 als Jüdinnen*Juden Verfolgten aus den vom NS okkupierten Ländern besonders Osteuropas, die aus den Konzentrations- und Zwangsarbeiter*innenlagern auf dem Gebiet des vormaligen Deutschen Reichs befreit worden waren. Als so genannte ‚Displaced Persons‘ (DP) waren sie gezwungen, in Lagern, die vormals teilweise zum Lagersystem des NS zählten, zu leben. Zunächst gemeinsam mit nichtjüdischen DPs, später in eigenständigen Einrichtungen, die Schutz vor antisemitischen Anfeindungen bieten sollten. Die Perspektiven des überwiegenden Teils dieser Gruppe, die bis 1947 um weitere 100.000 Menschen aus osteuropäischen Staaten wuchs, die vor den sich dort etablierenden stalinistischen Regimen und zunehmenden antisemitischen Übergriffen flohen, richteten sich auf die Auswanderung vor allem nach Nordamerika und nach Palästina bzw. seit 1948 nach Israel, was den meisten im Laufe der Jahre auch gelang.

Die größten DP-Camps entstanden in der amerikanischen Besatzungszone, vor allem in Hessen und Bayern. Diese weitgehend von ihren Bewohner*innen und jüdischen Organisationen selbstverwalteten Einrichtungen entwickelten sich, wie der Historiker Markus Nesselrodt schreibt, zu „Orten der kulturellen, religiösen und politischen Selbstvergewisserung“, die auch dem „Wunsch nach einer neuen national-jüdischen Gemeinschaft“ entsprachen. Am deutlichsten zeigte sich der Selbstbehauptungswille der Überlebenden in den Geburtenraten in den DP-Camps, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit zu den höchsten weltweit zählten.

Kontiunitäten des Antisemitismus

Rund um die im Münchner Stadtteil Bogenhausen gelegene Möhlstraße, in der zahlreiche jüdische Hilfsorganisationen ihren Sitz hatten, etablierte sich eine durch DPs geprägte „vitale jüdische Kultur“ (Michael Brenner), die Geschäfte und Restaurants ebenso umfasste, wie informelle ökonomische Netzwerke, die in den Fokus der amerikanischen, vor allem aber der deutschen Behörden gerieten. In diesem Kontext zeigten sich die Kontinuität gesellschaftlich und institutionell breit verankerten antisemitischen Ressentiments, in dem die DP-Camps als Zentren vermeintlich um sich greifender Kriminalität wahrgenommen wurden. Der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Kolb (SPD) erklärte im Oktober 1946, das DP-Camp Zeilsheim habe sich zu einer „Landplage“ entwickelt. Sein Polizeipräsident forderte, „schnellstens Abhilfe“ zu schaffen.

In der Tat ging die Polizei massiv gegen jüdische DPs vor und versuchte mit groß angelegten Razzien die informellen Ökonomien zu zerschlagen. Gegen diese Maßnahmen setzen sich die Betroffenen immer wieder zur Wehr. Rund um die Möhlstraße kam es wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und DPs. Als Polizeikräfte und Zoll im Mai 1952 das DP-Camp in Föhrenwald durchsuchen wollten, stießen sie auf entschlossenen, sich auch in Steinwürfen manifestierenden Widerstand zahlreicher Bewohner*innen, die sich an Razzien in den nationalsozialistischen Ghettos erinnert fühlten. Beim Versuch im März 1946 das DP-Camp in Stuttgart zu durchsuchen, wurde der Auschwitz-Überlebende Samuel Danziger durch polizeilichen Schusswaffeneinsatz getötet.

Auch in München schreckte die Polizei nicht davor zurück, auf jüdische DPs zu schießen. Ein spektakulärer Vorfall ereignete sich im August 1949. Den Auslöser lieferte ein antisemitischer Leserbrief der unter dem Pseudonym „Adolf Bleibtreu“ in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht worden war. Am folgenden Tag versammelten sich rund 1.000 Menschen vor der in der Nähe der Möhlstraße gelegenen Synagoge, um zur Redaktion der SZ zu ziehen, bei der zum damaligen Zeitpunkt noch einige vormalige Apologeten des NS beschäftigt waren. Als die Münchner Polizei den Protestzug stoppen wollte, entwickelte sich eine Straßenschlacht, in deren Verlauf Demonstrant*innen ein Einsatzfahrzeug mit einem Hakenkreuz bemalten und in Brand steckten. Die Beamten gingen mit Pferden und Schlagstöcken gegen die zunächst friedliche Menge vor. Drei Demonstrant*innen wurden durch Polizeikugeln verletzt.

Protest gegen institutionelle NS-Kontinuitäten

Auch an anderen Orten demonstrierten Jüdinnen*Juden gegen Antisemitismus und für die konsequente Ahndung von NS-Verbrechen. Im Januar 1951 versammelten sich in Landsberg rund 4.000 Bürger*innen, um gegen die von der amerikanischen Militärverwaltung angekündigte Hinrichtung von dort im alliierten Kriegsverbrechergefängnis einsitzenden hochgradig belasteten NS-Tätern zu protestieren. Als rund 300 DPs aus dem nahe gelegenen Camp mit Zwischenrufen die Kundgebung zu stören versuchten und auf die beispiellosen Verbrechen der einsitzenden NS-Täter aufmerksam machten, schlug ihnen unverhohlener Hass entgegen. Auf der Kundgebung sprach u.a. der vormalige SA-Angehörige und spätere Bundesjustizminister Richard Jaeger (CSU), eigentlich ein Verfechter der Todesstrafe nur eben nicht in diesem Fall. Aus der Menge kam es zu „Juden raus“-Rufen. Die Polizei schritt ein – allerdings gegen die demonstrierenden Jüdinnen*Juden, von denen einige in Gewahrsam genommen wurden. Eine am selben Tag von DPs initiierte Gedenkkundgebung für die Opfer des NS-Terrors blieb ohne Resonanz in der Landsberger Bevölkerung.

Der Protest gegen Antisemitismus und die gesellschaftlichen und institutionellen NS-Kontinuitäten sowie die Forderungen nach einer systematischen Entnazifizierung und konsequenten Bestrafung der Täter*innen auf der einen und einem wahrnehmbaren öffentlichen Gedenken an die Opfer der Shoa auf der anderen Seite, verband bei allen tiefgreifenden Konflikten und unterschiedlichen Perspektiven die heterogene Gemeinschaft der Überlebenden und ihre Akteur*innen miteinander.

Norbert Wollheim, der als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinden Nordwestdeutschlands und als Direktoriumsmitglied des 1950 gegründeten Zentralrats der Juden in Deutschland auf institutionellem Wege dazu beigetragen hatte, jüdisches Leben wieder in der Bundesrepublik zu etablieren, war 1951 in die USA emigriert. Von dort aus forcierte er eine Klage gegen die IG Farben AG in Liquidation, um für die von ihm in Auschwitz geleistete Zwangsarbeit Entschädigungsleistungen und Arbeitslohn zu erstreiten. Das Landgericht Frankfurt sprach Wollheim 1953 schließlich ein Schmerzensgeld von 10.000 DM zu – ein Musterurteil, dem 1958 ein weiterer Vergleich folgte, der Entschädigungszahlungen für mehrere tausend vormalige Zwangsarbeiter*innen der IG Farben vorsah.

„Symbolfigur der Wiedergutmachung“

Auch Philipp Auerbach versuchte auf institutionellem Wege für die Rechte ehemals verfolgter Jüdinnen*Juden, aber auch anderer Opfergruppen des NS, vor allem Sinti*zze und Rom*nja, zu kämpfen – dies allerdings auf häufig unkonventionelle Weise und nicht selten am Rande des ihm vorgegebenen legalen Rahmens. Nachdem er im April 1945 die Befreiung im KZ Buchenwald erlebt hatte, war er seit Herbst 1945 für das Oberpräsidium Nordrhein in Düsseldorf für die Betreuung ehemaliger NS-Verfolgter und Geflüchteter zuständig. Gleichzeitig recherchierte Auerbach, der zu den Gründungsmitgliedern der VVN gehörte und zudem den ersten Landesverband der jüdischen Gemeinden in Nordrhein und Westfalen ins Leben gerufen hatte, die Vergangenheit mutmaßlicher vormaliger NS-Täter und Funktionseliten. In Folge seiner Nachforschungen zur Rolle des Oberpräsidenten Robert Lehr (CDU) während des NS, wurde er jedoch von der britischen Militärverwaltung suspendiert.

Nur einige Monate später, im Herbst 1946 avancierte er in Bayern unter Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD) zum Staatskommissar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte. Im Laufe der folgenden Jahre gelang es ihm, diesen Posten zu einer Art Superbehörde auszubauen, die Zuständigkeiten im Bereich der Auszahlung von Versorgungsleistungen für Verfolgte des NS-Regimes ebenso beanspruchte wie bei der Zuteilung von Wohnungen und der Vermittlung von Arbeitsstellen. Zudem drängte Auerbach auf eine konsequente Entnazifizierung, forderte umfangreiche Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus und forcierte die Einrichtung von Gedenkorten für die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung.

In oftmals harschem Tonfall kritisierte er das Auftreten der Polizei gegenüber jüdischen DPs, das von den Betroffenen vielfach als antisemitisch benannt wurde und forderte umgehende Konsequenzen. Auerbachs Interventionen erfolgten häufig aufgrund von Beschwerden lokaler jüdischer Komitees, derer er sich annahm. Energisch trat er für die Restitution von in der NS-Zeit geraubtem jüdischen Eigentum ein. In Augsburg wurde er im Juli 1947 auf einen katholischen Priester aufmerksam, der sich offenkundig im November 1938 die wertvolle Orgel der dortigen Israelitischen Kultusgemeinde angeeignet hatte. Er verlangte nicht nur erfolgreich die Rückgabe der Orgel, sondern forderte zudem die Eröffnung eines Spruchkammerverfahrens gegen den Pfarrer wegen katholischer „Nutznießung des Nationalsozialismus“.

Mit seinem Auftreten zog Auerbach indessen die entschiedene Feindschaft nicht nur der nichtjüdischen bayerischen Bevölkerungsmehrheit auf sich, sondern auch innerhalb der bayerischen Staatsregierung, die seit September 1947 allein von der CSU geführt wurde. Vor allem Justizminister Josef Müller polemisierte mit unverhohlen antisemitischen Implikationen gegen Auerbach, den er öffentlich bezichtigte, sich als jüdischer „König“ zu inszenieren. Zudem ließ Müller Beweismaterial gegen die „Symbolfigur einer umfassenden Wiedergutmachung“ (Gerhard Fürmetz) sammeln.

Am Beginn der 1950er Jahre war Auerbach zunehmend isoliert, nachdem er auch die Rückendeckung der amerikanischen Militärverwaltung verloren hatte. Im Januar 1951 wurde Auerbach aus seinem Amt entlassen und kurz darauf festgenommen. Im April 1952 musste er sich zusammen mit dem bayerischen Landesrabbiner Aaron Ohrenstein und zwei weiteren Angeklagten vor dem Landgericht München verantworten. Der vorsitzende Richter Josef Mulzer hatte während des NS als Oberkriegsgerichtsrat amtiert und später mit Justizminister Müller in derselben Anwaltskanzlei gearbeitet. Der Staatsanwalt wie auch der psychiatrische Gutachter waren Mitglieder der NSDAP gewesen. Ein Beisitzer hatte der SA angehört. Die antisemitischen Implikationen des Prozesses sowie in Teilen der medialen Berichterstattung waren unverkennbar.

Kämpfe um Anerkennung – Brüche und Kontinuitäten

Zwei Tage nach seiner Verurteilung nahm sich Philipp Auerbach das Leben. In einem Abschiedsbrief schrieb er: „Ich habe mich niemals persönlich bereichert und kann dieses entehrende Urteil nicht ertragen. Ich habe bis zuletzt gekämpft, es war umsonst.“ Zwei Jahre später wurde Philipp Auerbach durch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags nahezu vollständig rehabilitiert. An dem Befund des Politikwissenschaftlers Wolfgang Kraushaar ändert diese jedoch nichts. Demnach habe „bei Politikern und Juristen, aber auch in weiten Kreisen der Bevölkerung ein starkes Bedürfnis“ bestanden, „sich von der deutschen Schuld am Judenmord zu entlasten, indem man den DPs und ihrem Generalanwalt Auerbach alle nur denkbaren Verbrechen in die Schuhe schob.“

Eine Wahrnehmung, die augenscheinlich auch von vielen Teilnehmer*innen der Beisetzung Philipp Auerbachs geteilt wurde, die ihre Wut und Enttäuschung lautstark und entschlossen zum Ausdruck brachten. Die in eine Protestmanifestation umschlagende Trauerfeier für Philipp Auerbach sollte, so der Historiker Dan Diner „für lange Dauer der letzte gemeinschaftliche jüdische Auftritt in Deutschland“ bleiben. Die Formen der Kämpfe um Anerkennung wandelten sich.

Als im Oktober 1985 Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Frankfurts die Bühne der Frankfurter Kammerspiele besetzten, um die Aufführung des als antisemitisch kritisierten Stücks „Der Müll, die Stadt und der Tod“ von Rainer Werner Fassbinder (vgl. LOTTA #62) zu verhindern, galt dieser Akt des zivilen Ungehorsams vielen als „coming out“ (Cilly Kugelmann) der jüdischen Gemeinschaft. Ganz neu war er freilich nicht: Er hatte seine Vorläufer in den vielschichtigen Kämpfen von Jüdinnen*Juden in den Jahren unmittelbar nach der Shoah.

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