Geschichtspolitiken der AfD

Einleitung in den Schwerpunkt

Geschichtspolitische Aussagen von Politikern und Politikerinnen der AfD sorgen seit der Gründung der Partei immer wieder für Aufsehen. Sei es die Forderung nach einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad!“ von Björn Höcke im Januar 2017, Alexander Gaulands Bezeichnung der NS- Zeit als „Vogelschiss in unserer über 1.000-jährigen Geschichte“ 2018 oder die SS-verharmlosenden Aussagen des AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilian Krah.

Neben solchen kalkulierten und medienwirksam inszenierten Tabubrüchen finden sich geschichtspolitische Praktiken auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Beispielsweise in Vorträgen und Seminaren, in denen ein „Nationaler Mythos“ von Hermann dem Cherusker über Otto Bismarck bis zu Konrad Adenauer gesponnen wird (vgl. LOTTA #72, S. 34). Oder durch Selbstinszenierungen an Kriegerdenkmälern, wie sie etwa Matthias Helferich jährlich anlässlich des Volkstrauertages in Dortmund-Hohensyburg durchführt.

Dabei geht es der AfD auch um die Umdeutung und Relativierung des Nationalsozialismus; steht doch eine kritische Gedenkkultur und die Erinnerung an NS-Verbrechen der Konstruktion einer heroischen Nationalgeschichte im Wege. Dabei sind es vor allem NS-Gedenkstätten und Orte kritischer Erinnerungskultur, die aus autoritär-völkischer Perspektive als störend empfunden und zum Feindbild erklärt werden. Besonders die KZ-Gedenkstätte Buchenwald und deren Leiter Jens-Christian Wagner sind wegen ihrer deutlichen Positionierung gegen Geschichtsrevisionismus und Vereinnahmungsversuche durch die AfD ins Fadenkreuz geraten. Doch auch in Westdeutschland sehen sich NS-Gedenkstätten und kritische Erinnerungskultur Angriffen der AfD ausgesetzt. Grund genug, uns im vorliegenden Schwerpunkt den Geschichts­politiken der AfD zu widmen.

Zum Einstieg in den Schwerpunkt zeichnet Michael Sturm die geschichtspolitischen Positionen der AfD nach.

Daran anschließend schildert Jens Hecker anhand der lokalpolitischen Diskussion um die NS-Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne im ostwestfälischen Schloß Holte-Stukenbrock, welche Auswirkungen die AfD-Politik auf kommunaler Ebene haben kann.

Mit einem weiteren Angriff der AfD auf kritische historische Bildung setzt sich Nico Schlößer auseinander. Anlässlich der Präsentation der Ausstellung „Das ist kolonial. Westfalens (un)sichtbares Erbe“ versucht(e) die AfD, am Dortmunder Industriemuseum Zeche Zollern ein Exempel zu statuieren und gleichzeitig den Ort zur Selbstinszenierung zu nutzen.

Sonja Brasch widmet sich einem eng mit der AfD verbundenen Milieu und nimmt das Totengedenken der Deutschen Burschenschaft unter die Lupe.

Abschließend geht es im Gespräch mit dem Historiker Volker Weiß um die Umdeutung von Geschichte durch die extreme Rechte.

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